Darmstadt und Rheingau-Taunus-Kreis Hessen will mehr digitale Bauanträge ermöglichen
In Verwaltungen wird immer noch viel auf Papier gearbeitet, ab 2028 sollen Bürger ein Anrecht auf eine digitale Bearbeitung haben. Ein Bauantrag per Mausklick ist jetzt in zwei Regionen möglich. Architekten fürchten eine kostspielige "Hybrid-Phase".
Hessen hat die Einführungsphase für einen digitalen Bauantrag gestartet. "Die vollständig digitalisierte Antragstellung ist ein wichtiger Schritt, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bauprozesse insgesamt effizienter umzusetzen", erklärte Kaweh Mansoori, hessischer Wohnungsbauminister, in Wiesbaden. Erste Anträge wurden demnach bereits bewilligt.
Getestet wurde der digitale Bauantrag bereits in Frankfurt. Dort konnten zunächst Werbeanlagen digital beantragt werden. Mehr als 100 Anträge wurden dort digital bearbeitet und beschieden. Das Wirtschaftsministerium hatte dazu ein Online-Portal entwickelt, über das Bauherren und Architekturbüros Baugenehmigungen papierlos beantragen und erhalten können.
Darmstadt und Rheingau-Taunus-Kreis beginnen
Als erste Kommunen im Vollverfahren starteten jetzt Darmstadt und der Rheingau-Taunus-Kreis gemeinsam mit ausgewählten Bauherren und Architekturbüros. Auch hier gab es bereits die ersten Bescheide. Zu den ersten Antragstellern gehörte das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck in Darmstadt, so das Bauministerium.
Durch die Umstellung von Papier auf Digital soll die Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht, den Antragsstellern und beteiligten Dritten komplett online erfolgen. Dadurch entfielen zeitaufwendige Postwege. Für den digitalen Antrag sollen bundeseinheitliche elektronische Kommunikationsstandards genutzt werden, teilte das Wirtschaftsministerium mit.
Die Bundesregierung will die digitale Verwaltung auch in anderen Bereichen stärken. Durch eine Novelle des sogenannten Onlinezugangsgesetzes (OZG) sollen Bürgerinnen und Bürger ab 2028 einen Rechtsanspruch auf elektronischen Zugang zu Verwaltungsleistungen des Bundes bekommen.
Stadt Offenbach kündigt Testbetrieb an
Auch in Offenbach steht die Einführung des digitalen Bauantragverfahrens nach Angaben der Stadt kurz vor dem Abschluss. Laut Mitteilung vom Freitag soll im April mit einer Testphase im Echtbetrieb begonnen werden. "Dann werden die ersten echten Bauanträge mit diesem neuen digitalen Verfahren bearbeitet", wird der zuständige Dezernent für Planen und Bauen, Paul-Gerhard Weiß, zitiert.
Während der Testphase sollen etwaige Fehler und Schwachstellen bei Software und Technik beseitigt werden. Aber auch die Kommunikation zwischen Bauaufsicht, Bauportal, Bauherrschaft, Entwurfsverfassern und anderen beteiligten Stellen werden unter die Lupe genommen. "Diese Verfahren im Testbetrieb münden dann auch in tatsächliche Baugenehmigungen", so Dezernent Weiß.
Architekten- und Stadtplanerkammer fürchtet lange "Hybrid-Phase"
Bei der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) begrüßt man grundsätzlich die Fortschritte, die Hessen in Sachen digitaler Bauantrag gemacht hat. "Wir werden in den kommenden Jahren sicherlich substanzielle Fortschritte sehen", ist sich Hauptgeschäftsführer Martin Kraushaar sicher. Er sei jedoch skeptisch, ob sich bis 2028 auch die erhofften Fortschritte in Sachen Effizienz und Bearbeitungsgeschwindigkeit einstellen werden. Dafür müsste die Digitalisierung mit einer Standardisierung der Verfahren einhergehen.
Laut einer Umfrage der AKH hatten 2023 erst sieben Prozent der hessischen Architektinnen und Architekten mit digitalen Bauanträgen gearbeitet. "Deren Rückmeldung ist weit überwiegend positiv. Aber es sind noch sehr wenige." Zudem fürchte man in der Branche eine relativ lange "Hybrid-Phase", in der sowohl mit digitalen als auch mit Papier-Anträgen gearbeitet werden muss. "Dies bedeutet Mehrarbeit und Mehrkosten", so Kraushaar.