Hessische Landesregierung legt Bilanz vor "Corona-Wirtschaftshilfen haben gewirkt"

Lockdowns und andere harte Einschränkungen brachten in der Corona-Pandemie viele Selbstständige an den Rand des Ruins. Die schwarz-grüne Landesregierung bilanziert nun: Staatliche Wirtschaftshilfen hätten enorm gewirkt.

Lockdown steht auf einer Fensterscheibe eines Ladens geschrieben
Während der Corona-Pandemie kämpften viele Selbstständige um ihre wirtschaftliche Existenz und erhielten Staatshilfen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Bilanz zu Corona-Hilfen

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Gastwirte und Hotelbetreiber, Frisöre und Busunternehmer, Schausteller, Musiker oder auch der Ferienflieger Condor: Vom Freiberufler bis zum Großkonzern stellte die Coronakrise viele vor oft existenzbedrohende Probleme.

Drei Jahre nach Ausbruch der Pandemie sind die meisten Einschränkungen schon länger aufgehoben. Die wirtschaftlichen Schäden haben sich nach einer aktuellen Bilanz der schwarz-grünen Landesregierung nicht zuletzt durch staatliche Hilfen in Grenzen gehalten.

"Die hessische Wirtschaft hat die Corona-Krise gemeistert", lautete die Botschaft von Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und Finanzminister Michael Boddenberg (CDU), als sie am Donnerstag in Wiesbaden Bilanz zogen.

"Wie ein zeitweiliges Berufsverbot"

Knapp 18 Milliarden Euro flossen demnach an Hilfen in die Wirtschaft, um die Folgen von Lockdowns und anderen strengen Corona-Maßnahmen zu mildern. Beide Minister räumten ein: Diese Folgen seien für viele Branchen einem "zeitweiligen Berufsverbot" gleichgekommen und seien "außergewöhnlich und existenzbedrohend" gewesen.

Die staatlichen Hilfsprogramme seien aber wirksam gewesen. Dazu zählten Zuschüsse, Darlehen, Kredite, Bürgschaften und zum größten Teil vorübergehende steuerliche Erleichterungen. Al-Wazir sagte, der Arbeitsmarkt beispielsweise habe sich erstaunlich schnell wieder erholt. Die aktuellen Wirtschaftsdaten sollten Zuversicht geben, dass das Land solche Krisen überstehen könne.

Geld des Bundes erhielten rund 299.500 Antragsteller in Hessen, insgesamt 6,1 Milliarden Euro. Das Land zahlte 11.900 Antragstellern rund 1,26 Milliarden Euro. Die Steuererleichterungen machten gut 10,5 Milliarden Euro der Unterstützung aus. Dabei wurden Vorauszahlungen verringert, Säumniszuschläge gestrichen, fällige Zahlungen zinslos gestundet.

Zu den Programmen des Bundes zur Unterstützung der Wirtschaft zählten in der Corona-Pandemie unter anderem die Soforthilfe, die Überbrückungshilfe und die Neustarthilfe. Das Land legte unter anderem Bürgschaftsprogramme auf sowie Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Zudem bot Hessen den Gastronomiebetrieben im Land Zuschüsse für bestimmte Anschaffungen an, etwa für Herde und Spülmaschinen.

Boddenberg betonte, man habe sich "gerade den Kleinen zugewandt". Ein Großteil der Hilfen werde zudem zurückgezahlt, weil es sich etwa um Darlehen handele. Unterm Strich hätte die Coronahilfe dann nur maximal rund ein Viertel der ausgezahlten Summe gekostet.

Minister: Ausfälle und Betrug überschaubar

Die Ausfallquote bei den Krediten sei überschaubar, die Zahl unberechtigter Anträge halte sich in Grenzen, berichteten beide Minister. Über Stichproben habe sich bei rund fünf Prozent der Anträge ein Betrugsverdacht ergeben. Nach den Worten von Boddenberg laufen viele Ermittlungsverfahren dazu noch.

Anfang des Jahres hatte es eine Großrazzia in Hessen wegen des Verdachts gegeben, dass eine Steuerkanzlei in der Wetterau bei Betrügereien mit falschen Anträgen auf Corona-Überbrückungshilfen mitgeholfen habe.

Kurz vor Weihnachten hatten Ermittler einen Steuerberater aus dem Kreis Groß-Gerau festgenommen, der bei Corona-Hilfen betrogen haben soll. Zuvor hatte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungen gegen drei Steuerberater aus dem Kreis Gießen sowie 21 Unternehmen aus den Kreisen Gießen und Offenbach wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs aufgenommen.

Vor allem publikumsintensive und kontaktnahe Branchen hatten unter den pandemiebedingten Einschränkungen gelitten: Kneipen, Cafés, Kosemtikstudios oder auch Taxiunternehmen. Im Gastgewerbe etwa sank der Umsatz im ersten Coronajahr 2020 um 37 Prozent, bei Veranstaltern von Messen oder Ausstellungen waren es sogar 65 Prozent.

Andere Branchen blieben stabil oder legten noch zu: Bau- und Gärtenmärkte etwa und nicht zuletzt der Online-Handel. Dementsprechend hätten vor allem Gastronomie, Einzelhandel, Logistik und Verkehr sowie Dienstleistungen auf Staatshilfen zurückgegriffen.

FDP fordert "Blick durch die Windschutzscheibe"

Wirtschaftsverbände hatten die weitreichenden staatlichen Hilfen schon in der Vergangenheit begrüßt. Aus dem Landtag kam am Mittwoch Kritik aus den Reihen der Opposition – wenngleich nicht an Art und Umfang der Hilfen selbst.

So forderte Stefan Naas, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP und Spitzenkandidat für die Hessen-Wahl: Al-Wazir solle "durch die Windschutzscheibe statt in den Rückspiegel schauen". In der aktuellen Krise durch Inflation und hohe Energiepreise brauche die Wirtschaft jetzt dringend Hilfe. Hessen müsse Geld weitergeben, das der von einer Ampel-Koalition regierte Bund bereitgestellt habe. Nötig sei sofort ein Härtefallfonds für Unternehmen und Selbstständige.

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Die AfD befand, bei aller Freude über die geretteten Betriebe hätte die Landesregierung Grund zu Selbstkritik statt zum Selbstlob. "Schwarz-Grün hat Unternehmen gerettet, die es mit zu strengen Maßnahmen selbst in Gefahr gebracht hat", sagte ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Andreas Lichert. Die Lockdowns seien "Gift für die Wirtschaft und praktisch nutzlos für die Bekämpfung der Pandemie" gewesen.

Zu viel des Guten?

Der Landesrechnungshof hatte Ende des vergangenen Jahres die erfreulich unbürokratische Auszahlung von rund 952 Millionen Euro an Corona-Soforthilfen in Hessen gelobt. Er kritisierte aber, dass die Kontrollen nicht streng genug gewesen seien.

Knapp 80 Prozent der Anträge seien meist von Regierungspräsidien auf der Grundlage von Plausibilitätsprüfungen ausgezahlt worden. Bei einer Stichprobe des Finanzamtes gingen dagegen nur 65 Prozent aller Anträge durch. Schuld sei der fehlende Zugriff der Bearbeiter auf Informationen der Steuerverwaltung gewesen. Ein Land wie Norwegen dagegen habe mit besserer Vernetzung und Wirtschaftsprüfern gründlicher kontrolliert und trotzdem schneller ausgezahlt.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 9.3.2023, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, Wolfgang Türk, dpa/lhe