Entlassungen bei Autozulieferer "Hoffnung wurde zerstört": Continental streicht weitere 200 Jobs in Wetzlar

Die Werksschließung in Wetzlar war lange bekannt, doch viele Beschäftigte setzten auf neue Chancen an anderen Standorten. Diese Hoffnung hat Continental nun zunichtegemacht.

Bürogebäude mit verspiegelter Glasfassade, in welcher sich gelbliches Licht reflektiert, in der Außenansicht. Im Bildvordergrund ein orangfarbenes Schild mit der Aufschrift "Continental-Standort Wetzlar-Eingang"
Continental-Standort in Wetzlar Bild © Alexander Gottschalk (hr)

Die Schließung des Werks in Wetzlar ist seit Monaten beschlossene Sache. Bislang hofften viele Beschäftigten, an anderen Standorten einen Job zu finden. machen. Die machte das Unternehmen jetzt zunichte.

Für hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Continental in Wetzlar hat sich auch die letzte Hoffnung zerschlagen: Das Unternehmen wird entgegen früherer Pläne doch keine Jobs an die Standorte Frankfurt oder Babenhausen verlegen. Rund 360 der 430 Mitarbeitenden in Wetzlar verlieren somit ihren Arbeitsplatz - 200 mehr als ursprünglich geplant.

Im März hatte Continental mitgeteilt, das Werk in Wetzlar Ende 2025 zu schließen. Damals hieß es, 160 Beschäftigte würden ihren Job verlieren, 220 könnten nach Frankfurt wechseln. Dort sollte ein sogenannter Technologiehub gegründet werden, der nun gestrichen wurde. Weitere 80 Jobs sollten nach Babenhausen wandern. Dieses Angebot zog der Autobilzulieferer auf der Betriebsversammlung am Dienstag zurück.

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Tränen bei den Betroffenen

Für die Beschäftigten war die erneute Hiobsbotschaft ein Schock. "Bisher war es eher noch ein Wechselbad der Gefühle", sagte der Betriebsratsvorsitzende Jörg Seidler am Mittwoch dem hr: "Aber die Hoffnung wurde gestern zerstört." Die Menschen hätten fassungslos reagiert, bei einigen seien Tränen geflossen.

Durch die unerwartete Kehrtwende hätten die Beschäftigten zudem wertvolle Zeit für die Jobsuche verloren. "Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Monaten nicht wirklich gebessert", erklärt Seidler.

Statt der anvisierten rund 300 Beschäftigten, denen Angebote für andere Standorte gemacht werden sollte, werden laut Continental nun lediglich rund 30 nach Frankfurt gehen. Betriebsrat Seidler spricht sogar nur von 18. Hinzu kommen die 41 Auszubildenden.

Continental führt schwierige Lage an

Als Grund für die Entscheidung führt der Automobilzulieferer die aktuell schwierige Lage in der Automobilindustrie an. Für die Betroffenen sei Continental bemüht, "eine sozialverträgliche Lösung" zu finden, wie ein Sprecher dem hr am Mittwoch sagte. Zudem habe der ebenfalls in Wetzlar ansässige Rüstungskonzern Hensoldt Interesse bekundet, Beschäftigte zu übernehmen.

Stefan Sachs, Chef der Gewerkschaft IG Metall Mittelhessen, kritisierte Continental scharf: "Das Unternehmen wirkt planlos und hat eine schlechte Lösung getroffen", sagte er dem hr am Mittwoch. Die angespannte wirtschaftliche Lage bestreite niemand, aber der Umgang damit müsse ein anderer sein. "Es ist keine Strategie erkennbar."

Auch aus der Politik wurde Kritik laut. Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Steinraths nannte das Vorgehen des Unternehmens "schäbig". Er sagte: "Wer hier bei uns in Wetzlar gute Leute vor die Tür setzt und gleichzeitig in China Milliarden von Dollar investiert, als gäbe es kein Morgen, der soll mir auch nicht mehr kommen und von Fachkräftemangel reden." Continental schade auch der Region.

Pläne für Schwalbach bleiben bestehen

Neben Wetzlar wird auch der Standort Schwalbach bis Ende des Jahres geschlossen. Hier sollen Teile der Belegschaft aber wie bisher geplant nach Frankfurt oder Babenhausen wechseln.

Im März hieß es noch, dass von rund 8.000 Stellen in Hessen etwa 1.200 gestrichen werden. Durch die 200 weiteren Entlassungen in Wetzlar steigt die Zahl auf 1.400.

Redaktion: Julian Moering

Sendung: hr4,

Quelle: mit Material von Marc Klug, hessenschau.de