Kritik an Übernachtungssteuer Kasseler Hoteliers werfen Stadt "schlechten Stil à la Donald Trump" vor

Die Stadt Kassel will künftig eine Übernachtungssteuer erheben, um damit die touristische Infrastruktur zu stärken. Kritik kommt von Hotelbetreibern. Die Stadt hat die Entscheidung deshalb jetzt auf Mai verschoben.

Mehrere Zimmerschlüssel hängen in einem Hotel an einem Brett an der Hotelrezeption.
Müssen Hotelgäste in Kassel künftig eine Übernachtungssteuer zahlen? Bild © picture alliance / Sven Hoppe/dpa

Rinn in die Kartoffeln - russ uss den Kartoffeln – so lautet ein altes Sprichwort auf kasselänerisch, also: heute so, morgen so. Die Stadt hat diesem Satz jetzt alle Ehre gemacht, jedenfalls wenn man sich die Meldungen zur geplanten Übernachtungssteuer der vergangenen Wochen anschaut. 

Erst hatte die Stadt zum April eine Pauschale von drei Euro geplant, hatte dieses Vorhaben aber kurzfristig überarbeitet. Zuletzt hieß es laut einer Mitteilung der Stadt, die Abgabe orientiere sich am Hotelzimmerpreis: Fünf Prozent des Nettopreises sollten demnach fällig werden.

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Die entsprechende Magistratsvorlage sollte am 11. März im Finanzausschuss diskutiert werden, die Entscheidung stand für die Stadtverordnetenversammlung (StaVo) am 24. März an. Grund dafür ist Kritik aus den Reihen der Hotelbesitzer. 

Vorwurf an die Stadt: Nacht- und Nebelaktion

In einem Brief an Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne) und Stadtkämmerer Matthias Nölke (FDP), der dem hr vorliegt, werfen sie der Stadtkämmerei eine "Nacht- und Nebelaktion" ohne Beteiligung der Fachverbände vor. Darüber hatte bereits die HNA berichtet.

Insgesamt 18 Hoteliers haben den Brief an die Stadt unterzeichnet. Darin ist sogar die Rede von einem "schlechten Stil à la Donald Trump" und eine Absage an den Dialog zwischen Politik und Wirtschaft.

Stadt: Austausch mit Hoteliers, IHK und Dehoga Anfang Februar

Die Stadt will den Vorwurf eines mangelnden Dialogs nicht gelten lassen. Man habe Anfang Februar Hoteliers, die Industrie- und Handelskammer (IHK) und den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) zur "Vorstellung und finalen Abstimmung der Pläne" eingeladen, teile ein Sprecher der Stadt auf hr-Anfrage mit.

Die dort formulierten Änderungswünsche habe man aufgegriffen und einfließen lassen, heißt es aus dem Rathaus. Demnach wurde entschieden, den Start um ein Quartal zu verschieben und vom 3-Euro-Festbetrag für alle auf eine prozentuale Besteuerung umzuschwenken, um Familien- und Kleinbetriebe zu entlasten.

Geld für touristische Infrastruktur

Die Stadt will die Besucherinnen und Besucher der Stadt so an den Ausgaben für die touristische Infrastruktur beteiligen. Bisher werden die "nötigen hohen Ausgaben" laut einem Stadtsprecher aus dem städtischen Haushalt getragen. Den geplanten Betrag bezeichnete er als "bundesweit durchschnittlich", die bereits viele deutsche Städte eingeführt hätten.

So kostet jede Übernachtung in Wiesbaden seit Februar 2024 fünf statt drei Euro Kurtaxe. Die Erhöhung hatte auch dort für Kritik gesorgt.

Übernachtungssteuer nicht zweckgebunden

Allerdings besteht zwischen Kurtaxe und Übernachtungssteuer ein Unterschied. Zwar bezeichnet beides eine Abgabe, die für die Übernachtung erhoben wird. Doch die Kurtaxe ist dabei zweckgebunden. Diese Einnahmen dürfen lediglich für den Erhalt und die Verbesserung touristischer Infrastruktur verwendet werden.

Die Übernachtungssteuer fließt hingegen in den allgemeinen Haushalt der Stadt und ist nicht zweckgebunden, muss also nicht zwangsläufig dem Tourismus zugutekommen.

DEHOGA-Kritik: keine punktgenaue Stärkung

Die Interessenvertretung des Hotelgewerbes kritisiert den Versuch der Stadt, "im Alleingang" eine Übernachtungssteuer anstatt einer Kurtaxe einzuführen. Eine punktgenaue Stärkung des Tourismus sehe anders aus, erläutere ein DEHOGA-Sprecher.

Der Verband bezeichnete den bisherigen Austausch über die Pläne als "wenig transparent und vertrauensbildend". Man sei aber gesprächsbereit, um einen "einvernehmlichen Weg" zu finden.

Zustimmung und Ablehnung: Opposition gespalten

Die Opposition im Kasseler Rathaus zeigt sich gespalten. Die Fraktion "Die Linke" befürworte eine Übernachtungssteuer, wenn sie bestimmte Reisen wie beispielsweise Schulausflüge oder Vereinsreisen ausnimmt, dabei zugleich mit den "zusätzlichen Einnahmen öffentlicher Nahverkehr und Kulturangebote für alle" besser finanziert würden, teilte ein Sprecher der Partei mit.

Entgegen den Befürchtungen der Hotelbesitzer sieht die Fraktion "wenig Gefahr", dass künftig mehr Reisende Kassel meiden und auf das Umland ausweichen.

Die SPD hingegen will die Pläne der Stadt so nicht mittragen und empfiehlt die Kritik von Hotelbesitzern und Verbänden "endlich ernst zu nehmen und den Satzungsentwurf zurückzuziehen".

Die Fraktion bemängelt vor allem die fehlende Zweckbindung der Gelder. Die Stadt wolle die erhobenen Gelder nicht für "touristisches Wachstum" einsetzen.

Es gehe der Stadt demnach lediglich "um eine Quelle zur Finanzierung ihrer städtischen Aufgaben". Ein SPD-Sprecher forderte einen "intensiven Austausch auf Augenhöhe". 

Entscheidung wohl am 5. Mai

Ob auf Rat der SPD oder nicht – es wird jetzt erneut zu einem Austausch kommen. Die Stadt teilte auf Anfrage mit, man nehme die Kritik ernst und habe die Beratung in den städtischen Gremien noch einmal verschoben, "um den Betroffenen nochmals Gehör zu schenken".

Entschieden werden soll jetzt am 5. Mai. Im Rathaus zeigte man sich zuversichtlich, dann mit der Vorlage "eine Mehrheit unter den Stadtverordneten zu finden".

Quelle: hessenschau.de