Kleine Häuser zunehmend überfordert Immer mehr Fusionen bei Sparkassen und Volksbanken

Mehr Wettbewerb, zunehmende Bürokratie und Personalnot: Es gibt viele Gründe, warum sich hessische Sparkassen und Volksbanken mit anderen Instituten zusammentun. Solche Fusionen sind teilweise allerdings umstritten.

Der rote Schriftzug "Sparkasse" ist über dem Eingang einer Filiale zu sehen.
Bild © dpa

Die Sparkassen Darmstadt und Dieburg wollen zusammengehen und stecken bereits in Fusionsgesprächen. Dass die Sparkasse Dieburg mit Hauptsitz in Groß-Umstadt fusionieren darf, hat am Mittwochabend der Träger beschlossen, ein Zweckverband, zu dem der Landkreis Darmstadt-Dieburg und 15 Kommunen gehören.

Im Mai müssen noch die Träger der Sparkasse Darmstadt grünes Licht geben, neben dem Landkreis vor allem die Stadt Darmstadt. Die Fusion zu einem neuen, größeren Geldinstitut soll dann ab 1. Juli vollzogen werden und im kommenden Jahr abgeschlossen sein.

Der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen Stefan Reuß sagt zu der entstehenden Sparkasse: "Sie könnte erfolgreicher und wettbewerbsfähiger sein, weil in ihrem Gebiet auch ihre Wettbewerber mittlerweile gewachsen sind."

Landrat erwartet Vorteile durch Zusammenschluss

Das neue Institut könnte etwa größere Firmenkunden gewinnen. Durch seine Größe könnte es auch als Arbeitgeber attraktiver sein und leichter Fachkräfte finden, sagt Landrat Klaus Peter Schellhaas (SPD), der bei beiden Sparkassen den Verwaltungsrat leitet.

Sparen wolle man nicht, betont der Landrat: "Selbstverständlich wird niemand wegen der Fusion seinen Job verlieren. Wir brauchen jede Frau, jeden Mann, um die Fusion erfolgreich zu Ende zu bringen."

Fusion auch in Battenberg

Auch andere Geldhäuser wollen durch eine Fusion wachsen. Manche müssen das sogar, weil sie zu klein sind, sind, um ihre Aufgaben allein zu bewältigen. Das gilt etwa für die Sparkasse Battenberg. Dort ist bereits entschieden, dass sie in der deutlich größeren Sparkasse Marburg-Biedenkopf aufgeht. Die Fusion soll am 1. Juli rückwirkend zum 1. Januar vollzogen werden.

Audiobeitrag
Bild © hessenschau.de| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Damit verliert die Sparkasse Battenberg nach rund 190 Jahren ihre Selbstständigkeit. "Natürlich macht uns das wehmütig", sagt Harald Below, Mitglied im Vorstand des Instituts. Die Sparkasse Battenberg ist die zweitkleinste in Deutschland, "ein Zwerg", wie Below selbst sagt.

Wachsende Anforderungen der Aufseher

Dieser Zwerg sei kerngesund, habe aber in den vergangenen Jahren immer mehr Schwierigkeiten, die Anforderungen der Aufseher zu erfüllen, sagt Below: "Von unseren 45 Mitarbeitern sind 30 nicht mit den Kunden beschäftigt."

Stattdessen müssten sie jedes Quartal umfangreiche Daten an die Bankenfinanzaufsicht (BaFin) melden, erläutert Below. Es gehe um Verdacht auf Geldwäsche, die finanzielle Ausstattung der Bank und mögliche Risiken bei der Kreditvergabe. Diese hält das Vorstandsmitglied der Sparkasse Battenberg für überschaubar, die Anforderungen der Aufseher dagegen für übertrieben: "Wir könnten unsere Meldepflicht mit Hacke und Schubkarre bewältigen, müssen aber einen 200-PS-Traktor mit Pflug bewegen."

Durch die anstehende Fusion wird sich für die Kunden nach Auskunft der Sparkasse kaum etwas ändern. Sie bekämen zwar eine neue Kontonummer, und das Institut einen neuen Namen. Aber die Geschäftsstellen und Berater werde man weitgehend erhalten.

Beispiel aus Beselich

Die umfangreiche Bürokratie macht auch der noch kleineren Volksbank Schupbach in Beselich (Limburg-Weilburg) zu schaffen. Sie beschäftigt lediglich 20 Menschen und muss sich ebenso wie Großbanken alle zwei Jahre einem Stresstest unterziehen, wie das Vorstandsmitglied Wolfgang Behr erzählt: "Die zuständigen Mitarbeiter machen dann tagelang nichts anderes."

Deshalb will das kleine Geldhaus mit der Volksbank Mittelhessen zusammengehen. Geplant ist das für den 1. Juli.

Auch Volksbanken stöhnen

Nach Angaben von Volker Hetterich vom Genoverband in Neu-Isenburg (Offenbach) haben sich in einer Umfrage von knapp 200 befragten Volks- und Raiffeisenbanken mehr als die Hälfte offen für Fusionen gezeigt. Sie litten nicht nur unter den überbordenden Vorschriften der Aufseher, sagt der Verbandssprecher. Es gebe auch zu wenig qualifiziertes Personal.

"Es fusionieren immer mehr Banken, weil ihnen Fachkräfte mit Spezialwissen fehlen, um die Bürokratie und Regulierungsdichte zu bewältigen", sagt Hetterich. Zu komplex seien die Anforderungen etwa zur Vermeidung von Cyberattacken und die Meldepflichten zur Nachhaltigkeit. Ähnliches ist vom hessischen Sparkassenverband zu hören.

Selbstkritik bei BaFin

"Die Vorschriften werden immer umfangreicher und nicht zwingend besser. Kleine Institute sind schnell überfordert", räumt bei der Finanzaufsicht BaFin der scheidende Bankenaufseher Raimund Röseler ein.

Vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit müssten die Geldhäuser sehr viele Daten liefern, Aufwand und Nutzen stünden in keinem Verhältnis. Auch den regelmäßigen Stresstest werde die Aufsicht auf den Prüfstand stellen, kündigt Röseler an.

Experte findet Fusionen sinnvoll

Dass gerade kleine Geldhäuser aufgrund des Bürokratieaufwands fusionieren, findet der Bankenexperte Rainer Haselmann von der Goethe-Universität Frankfurt sinnvoll: "Dadurch können sie sparen und Kosten senken."

Gingen aber größere Geldhäuser mit anderen zusammen, könnte das womöglich ihr regionales Geschäftsmodell verwässern, warnt Haselmann. Denn Sparkassen und Volksbanken würden ja gerade mit ihrer Nähe zum Kunden werben. Sie seien traditionell stark in einer Region verwurzelt.

Spezialfall im Taunus

Ein Spezialfall ist in dem Zusammenhang wohl die Raiffeisenbank im Hochtaunus. Sie hat ebenfalls Fusionsgespräche aufgenommen: mit der Volksbank Mittelhessen. Die Volksbank mit ihren Filialen und die im Online-Geschäft starke Raiffeisenbank würden sich ergänzen, teilten die Institute mit. Außerdem könne die Volksbank die Raiffeisenbank bei ihren Problemen mit gewerblichen Immobilienfinanzierungen unterstützen.

Die BaFin erteilte der Raiffeisenbank aus Bad Homburg nach Medienberichten ein Kreditverbot, nachdem sie sich stark auf solche Immobilienkredite konzentriert hatte - bundesweit. Deshalb soll sie unter der Krise am Immobilienmarkt stärker als andere Banken gelitten haben. Die BaFin gibt zu dem Fall keine Auskunft.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de