Tempo in der Energiewende In Marburg sollen 14 neue Windräder entstehen
Seit Jahren wird in Marburg über mögliche Standorte für neue Windräder diskutiert. Lange ging nichts voran. Jetzt soll ein Windpark in der Nähe des Pharmaparks entstehen. Und die Stadtwerke planen mehrere Anlagen auf den Lahnbergen.
Klimaneutralität bis 2030 – das war 2019 das selbstauferlegte Ziel der Stadt Marburg, die damals als eine der ersten Städte in Deutschland den sogenannten Klimanotstand ausgerufen hatte.
Eins der Vorhaben im daraufhin entstandenen 130-seitigen Klima-Aktionsplan der Stadt: maximaler Ausbau der Windenergie. Von elf bis 15 potenziellen neuen Anlagen und eingesparten 90.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr ist darin die Rede.
Fünf Jahre später dreht sich in Marburg allerdings noch kein einziges neues Rotorblatt – mal abgesehen von drei kleineren Anlagen, die es schon lange im Stadtteil Wehrda gibt. Doch das soll sich bald ändern.
Bis zu 14 Anlagen geplant
Nachdem zuletzt mehrere Projekte seit Jahren auf Eis lagen, nimmt der Windenergie-Ausbau in Marburg wieder Fahrt auf: Auf drei der vier für Windkraft ausgewiesenen Vorrangflächen, die es in Marburg gibt, könnten bald Anlagen stehen. Bis zu 14 Windräder werden derzeit konkret geplant.
Sieben Anlagen wollen die Marburger Stadtwerke mit einem Kooperationspartner selbst bauen. Am Montag wurde außerdem bekannt: Der Betreiber des Pharmastandorts Behringwerke im Nordwesten Marburgs plant einen Windpark mit weiteren fünf bis sieben Anlagen. Dort sind verschiedene Pharma- und Biotech-Unternehmen ansässig, darunter auch der Impfstoffhersteller Biontech.
Windpark am Pharmastandort
Standortbetreiber Pharmaserv will das Projekt gemeinsam mit dem in Münchhausen (Marburg-Biedenkopf) ansässigen Unternehmen Krug-Energie umsetzen, das bereits mehrere Windenergie- und Photovoltaikparks in der Region betreibt.
Die Projektpartner teilen mit: Die Windräder sollen im Waldgebiet Marburger Rücken bei Michelbach stehen. Die Stadt führt dieses Windenergie-Vorranggebiet unter dem Namen Görzhäuser Hof. Wo genau die Anlagen innerhalb dieses Gebiets gebaut werden sollen, ist bisher nicht bekannt.
Dampf für Produktionsprozesse
Die Windräder sollen laut Pharmaserv und Krug-Energie vor allem klimaneutral Dampf erzeugen, den man zur Produktion benötige. Das Ziel sei ein komplett klimaneutraler Pharmastandort bis zum Jahr 2030.
Überschüssige Energie in windreichen Zeiten könne ins lokale Netz eingespeist werden. Man rechne bei einer Genehmigung bis Ende 2025 damit, dass die ersten Anlagen 2026 in Betrieb gehen könnten.
Stadtwerke: Sieben neue Windräder auf den Lahnbergen
Die Stadtwerke planen derzeit nach eigenen Angaben sieben Anlagen auf den Lahnbergen. Fünf sollen im nördlich gelegenen Vorranggebiet Bürgelner Gleiche stehen, zwei etwas weiter südlich auf der Anhöhe Lichter Küppel.
Die Stadtwerkte teilten mit: Die Windräder auf den beiden Flächen im Osten der Stadt sollen eine Nabenhöhe von 175 Metern haben - damit wären sie am oberen Ende der Skala, was die Höhe der Windräder angeht. Der Abstand zu Wohngebieten soll mindestens 1.000 Meter ab der Grenze des Vorranggebietes betragen. Auch hier sind die genauen Standorte für die Anlagen bisher nicht bekannt. Bis 2028 sollen die Windräder fertiggestellt werden.
Bürger könnten mitverdienen
Laut Stadtwerken sollen die Windräder mindestens 50 Gigawattstunden Strom pro Jahr produzieren. Damit könne man im Jahresdurchschnitt rein rechnerisch mehr als 30.000 Haushalte versorgen, heißt es. Zudem wolle man zukünftig die eigene Busflotte damit versorgen: Bis 2030 wollen die Stadtwerke 55 Elektro-Busse im Betrieb haben.
Die Stadtwerke setzen das Projekt gemeinsam mit der Max Bögl Wind AG um. Zudem prüfen sie nach eigenen Angaben verschiedene Beteiligungsmodelle, damit Bürgerinnen und Bürger am Strom mitverdienen können, etwa durch die Zusammenarbeit mit einer Energiegenossenschaft oder die Auflage eines Sparbriefs.
Hindernisse der letzten Jahre
Der Weg zur Windenergie war in Marburg bisher recht holprig. In den vergangenen Jahren hatte es zum Teil starke Widerstände von Anwohnern aus angrenzenden Stadtteilen gegeben.
Im Bereich Görzhäuser Hof etwa hatte eine Bürgerinitiative zeitweise rund 200 Mitglieder. Die Bürgerinitiative soll sich laut einem Bericht der Oberhessischen Presse allerdings 2021 aufgelöst haben.
Auch naturschutzrechtlich gab es in den vergangenen Jahren Hindernisse: 2015 hatte man beispielsweise auf dem Lichter Küppel Rotmilan-Horste festgestellt und deshalb die Planung dort zunächst eingestellt.
Sendung: hr1, die Hessenschau für Mittelhessen, 6.5.24, 15.20 Uhr
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