Insolvente Warenhaus-Kette Sieben Galeria-Filialen in Hessen schließen, acht bleiben
Kahlschlag beim insolventen Warenhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof: Knapp die Hälfte aller Filialen in Deutschland soll geschlossen werden. In Hessen schließen sieben Häuser, acht bleiben.
Auf den zweiten Insolvenzantrag des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof folgt nun das Aus für bundesweit 52 von insgesamt 129 verbliebenen Filialen - darunter sieben Warenhäuser in Hessen. Zuerst hatte das Online-Medium Businessinsider berichtet.
Die betroffenen Filialen sollen in zwei zeitlichen Schritten schließen: einige bereits zum 30. Juli, andere Ende Januar 2024. Über 5.000 Menschen drohe die Kündigung, meldete der Gesamtbetriebsrat am Montag. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag."
Diese hessischen Filialen sollen schließen
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi, schließen in diesem Sommer die Filialen in Offenbach und Wiesbaden Kirchgasse.
Kommendes Jahr schließen demnach dann folgende Filialen: Frankfurt Zeil, Hanau, Limburg, Viernheim und Darmstadt. In Darmstadt gibt es zwei Filialen, von der Schließung betroffen sei der Standort "am weißen Turm", so Verdi.
Verdi kündigte an, die vorgelegte Schließungsliste genau zu prüfen und zusammen mit den aktiven Beschäftigten um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen.
Nach Gewerkschaftsangaben verlieren allein in Frankfurt durch die Schließung der Filiale auf der Zeil mehr als 200 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. In Darmstadt und Viernheim sind je 80 Beschäftigte betroffen.
Landesregierung: "Bitterer Tag"
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sprachen in einer gemeinsamen Stellungnahme von einem bitteren Tag für die Beschäftigten, denen jetzt der Verlust ihres Arbeitsplatzes drohe.
"Es ist aber auch ein bitterer Tag für die Städte, denen jetzt weiterer Leerstand und weniger Attraktivität ihrer Innenstädte droht." Für die Landesregierung sei vor allem wichtig, dass die Betroffenen bestmöglich unterstützt würden, schnell einen neuen Arbeitsplatz zu finden. "Ein entsprechendes Gesprächsangebot an die Konzernleitung werden wir auf den Weg bringen", hieß es.
Von Galeria war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der Aufsichtsrat des Konzerns sollte am Montagnachmittag zusammenkommen.
Limburg will um Standort kämpfen
Limburgs Bürgermeister Marius Hahn (SPD) kündigte an, für den Erhalt des Standorts Limburg kämpfen zu wollen. "Allein können wir da nichts ausrichten, wir brauchen Verbündete. Das können andere Kommunen sein, die ebenfalls auf der Streichliste stehen."
Hahn forderte Unterstützung aus der Politik auf Landes- und Bundesebene. Immerhin habe der Konzern in der Vergangenheit erhebliche Hilfen der öffentlichen Hand in Anspruch genommen.
In Wiesbaden kündigte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) an, zeitnah Gespräche zur Zukunft der Immobilie führen zu wollen. "Sie ist ein Kernstück in unserer Innenstadt und muss einer guten Zukunft zugeführt werden."
Hanau will Immobilie kaufen
Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sprach von "einer Horrornachricht" für die Angestellten. Er stehe im Kontakt zum Betriebsrat und erklärte: "Wir lassen Sie nicht alleine!" Kaminsky kündigte auch an, dass die Stadt Hanau "schnellstmöglich in den Besitz der Immobilie" kommen wolle.
Dies bedeute jedoch nicht, dass die Stadt darin selbst Einzelhandel betreiben werde, fügte Stadtentwickler Martin Bieberle hinzu und ergänzte: "Wir haben bereits Ideen gesammelt, wie so eine Fläche künftig genutzt werden könnte."
Erleichterung an acht Standorten
Eine Zukunft sieht der Konzern noch für acht Standorte in Hessen. Neben dem Flaggschiff an der Frankfurter Hauptwache sind das Kassel, Fulda, Gießen, Bad Homburg, Wiesbaden Mauritiusplatz, das Main-Taunus-Zentrum Sulzbach sowie Darmstadt Luisencenter. Bundesweit will das staatlich gestützte Unternehmen an 77 Standorten weitermachen.
"Ich konnte eben meinen Mitarbeitern mitteilen, dass wir zu den Filialen gehören, die unter Galeria fortgeführt werden", zeigte sich Lothar Schmidt, Geschäftsführer der Filiale in Gießen, erleichtert. Es sei eine Riesen-Erleichterung und ein wichtiges Signal für den Einzelhandelsstandort Gießen.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi droht aber auch an den Standorten, die erhalten bleiben, ein Personalabbau.
Seit Jahren im Niedergang
Die Warenhauskette schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächste. Zuletzt hatten die behördlichen Auflagen in der Corona-Krise das Geschäft belastet, der Konzern griff nach Staatshilfen, dann litten die Filialen an der Zurückhaltung der Verbraucher nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Dazu kommt die schier übermächtige Konkurrenz von Online-Händlern.
Auch machten hausgemachte Probleme dem Konzern zu schaffen, der der milliardenschweren Signa-Holding des österreichischen Investors Rene Benko gehört. Er hatte Karstadt und Kaufhof zusammengeführt.
Vor zwei Jahren hatte Galeria Karstadt Kaufhof bereits im damaligen Insolvenzverfahren gut 40 von damals 172 Filialen geschlossen, wobei rund 5.000 Mitarbeiter ihre Stellen verloren. Im Februar war das aktuelle Insolvenzverfahren durch das Amtsgericht Essen eröffnet worden.
Nur kurze Hoffnung auf Übernahme
Für zwischenzeitliche Hoffnung bei der Belegschaft sorgte Ende vergangenen Jahres ein Übernahmeangebot des Onlinehändlers buero.de. Kurz vor Weihnachten folgte aber die Hiobsbotschaft: buero.de hatte sein Angebot, das auch für fünf hessische Galeria-Filialen galt, zurückgezogen.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 14.03.2023, 19.30 Uhr
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