Auf dem Weg zur Smart City Ist der Bus voll? Hessens Städte wollen digitaler werden

Viele Kommunen in Hessen wollen "Smart Cities" werden. Dabei geht es nicht nur um digitale Dienstleistungen. Wir zeigen einige Beispiele von der Mobilität über die Grünflächenbewässerung bis hin zur Gefahrenabwehr.

Zwei Händepaare mit Smartphones in Nahaufnahme.
Jugendliche online am Smartphone. Bild © picture alliance/dpa
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Sogenannte "Smart Cities" wollen digitale Daten für mehr Lebensqualität nutzen. Wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter mehreren Kommunen ergab, stehen bei den smarten Städten Themen wie ein effizienter Ressourceneinsatz, die intelligente Verkehrssteuerung und Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr sowie Themen der Gefahrenabwehr im Fokus. Zudem gehe es darum, den Bürgern Umweltdaten zugänglich zu machen. 

91 Projekte sind bisher im Bereich smarte Kommunen und Regionen hessenweit gefördert worden. Jährlich standen beziehungsweise stehen von 2021 bis 2024 bis zu 16 Millionen an Fördermitteln im Programm "Starke Heimat Hessen" für solche Projekte zur Verfügung.

ÖPNV und Verkehrssteuerung

Wie voll ist der Bus? Ist er pünktlich und passt ein Kinderwagen hinein? Diese Fragen sollen Fahrgäste von Bussen in Stadt und Kreis Fulda künftig bequem und in Echtzeit per App beantwortet bekommen. Möglich wird das durch Sensoren an den Eingangstüren in den rund 160 Bussen, die in Fulda und im Kreis verkehren. Gleichzeitig soll die Position der Busse mittels GPS jederzeit festgestellt und digital in Echtzeit dargestellt werden.

Über Apps, Hinweise an den Bushaltestellen sowie Dashboards der Kommunen und in der RMV-App sollen die Standorte der Busse übermittelt werden. Das Projekt "Di@-Mobil" soll den öffentlichen Personennahverkehr in Stadt und Kreis kundenorientierter ausrichten und dabei helfen, besser auf Nachfrageschwankungen reagieren können, wie das Digitalministerium erläutert.

In Marburg erfassen Sensoren die Belegung von Behindertenparkplätzen in Echtzeit, damit die Nutzer diese zielgerichteter ansteuern können. Auch eine Mitfahrplattform ist in der Universitätsstadt in Planung. Kassel wiederum plant beispielsweise eine KI-gestützte Analyse von individuellen Bewegungsdaten, die Bewegungsmuster im Straßenverkehr erkennen und vor möglichen Unfällen warnen soll. 

In Darmstadt soll ein Ampelphasenassistent dazu beitragen, den Verkehrsfluss zu verbessern. Dieser zeigt auf einer App an, wann welche vor dem Fahrer liegende Ampel rot wird und wie schnell gefahren werden sollte. "So kann man vorausschauender fahren und gleichzeitig durch eine verringerte Beschleunigung den CO2-Ausstoß verringern", heißt es von der Stadt. 

Effiziente Bewässerung

In Marburg hat der Fachdienst Stadtgrün und Friedhöfe ein Baummonitoring auf den Weg gebracht. "Dazu werden unter anderem Parameter wie Bodenfeuchte, Bodenleitfähigkeit und Bodentemperatur erfasst", erklärt eine Stadtsprecherin. Auf Basis der Daten könnten Bewässerung und Nährstoffgabe besser gesteuert werden, das verbessere auch die Baumgesundheit.

Auch in Kassel werden Daten zur Wurzelfeuchte der Bäume erhoben und Darmstadt setzt ebenfalls auf "Baumsensorik": Dadurch könne Wasser gezielt an die Bäume verteilt werden, für die Wasserbedarf angezeigt wird - ein erheblicher Beitrag zum Klimaschutz, wie die Stadt erklärt. Das könne auch Touren des Grünflächenamtes zur Bewässerung einsparen. Bodenfeuchtigkeitssensoren helfen auch in Bad Nauheim (Wetterau) bei einem sparsamen und klimagerechten Wassereinsatz, wie Matthias Wieliki, Fachbereichsleiter Zentrale Steuerung, erläutert. "Auch der Winterdienst wird durch Sensoren ausgelöst und nicht wie bislang durch eine Kontrollfahrt durch Mitarbeitende."

Smarte Abfallentsorgung

Bad Nauheim setzt zudem auf eine intelligente Tourenplanung zur Leerung von Abfallbehältern. Die Daten dafür stammen von Füllstandssensoren der Abfallbehälter. In Kassel gibt eine App im Rahmen der Maßnahme Smart Waste Tipps zur Abfallvermeidung im Alltag und informiert über die Füllstände in den unterirdischen Abfallsammelbehältern. Mehr als 100 Füllstandsensoren wurden bereits in den Kasseler Unterflur-Abfallsammelbehältern installiert, weitere sollen folgen. 

Warnung vor Starkregen

Der Kreis Fulda beispielsweise setzt im Kampf gegen Starkregen auf smarte Technologien. Seit Mai ist nach Angaben der Kreisverwaltung in allen 23 Kommunen das in den vergangenen Jahren schrittweise aufgebaute Starkregen-Frühalarmsystem im Einsatz. Dazu wurden in Abwasserkanälen, an Brücken, öffentlichen Gebäuden und an Gewässern rund 200 Sensoren installiert.

Die Messfühler ermitteln Niederschlagsmengen und Pegelstände und analysieren das Abflussverhalten in Kanälen. In Echtzeit werden die Daten in eine Cloud gespielt und mit den aktuellen Messdaten und den Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) abgeglichen. Bei der Auswertung der Daten wird auch Künstliche Intelligenz eingesetzt.

Sicherheit

Feiert nur jemand zu laut oder ist ein Mensch in Not? In Bad Nauheim werden Sensoren auch genutzt, um Lärmbelastung zu messen. Die dabei verwendeten speziellen Sensoren sind in der Lage, die Lärmquelle zu kategorisieren. "So kann die Hilfspolizei bei Schreien oder Hilferufen (möglicher dringender Hilfebedarf) oder Musiklautstärke entsprechend objektiv priorisieren", heißt es von der Stadt. 

Digitales Bauamt

Seit 2023 läuft das Förderprojekt "Digitales Bauamt" mit allen kommunalen Bauämtern der 23 Städte und Gemeinden im Kreis Fulda. In einem ersten Schritt wurden Bildschirme, Rechner, Scanner, Präsentationsmonitore und andere Hardware in den Bauämtern auf den neusten Stand gebracht, wie der Kreis mitteilt.

Außerdem wurden Dokumentenmanagementsysteme und Fachsoftware zur digitalen Ablage und Bearbeitung von Bauanträgen eingeführt. Das größte Teilprojekt ist aber die Digitalisierung von mehreren Hundert Metern Papiergrundstücksakten, wie eine Sprecherin erläutert. Diese Arbeit erfolgt durch externe Dienstleister und soll im Herbst dieses Jahres in allen Kommunen beendet sein. 

Anlaufstelle für Bürger und Gäste und Hilfestellungen für Senioren 

Zu den "Smart City"-Projekten in Kassel zählt unter anderem der 2021 eröffnete Kassel Service Point – eine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste der Stadt im innerstädtischen Kaufhaus Galeria. Dort werden digitale Möglichkeiten genutzt, um Informationen und Dienstleistungen sozusagen im Vorbeigehen anzubieten.

Ein als Smart Age Mobil bezeichnetes Fahrzeug soll zudem vor Ort in den Quartieren Kassels über digitale Themen informieren und zum praktischen Ausprobieren einladen. Ein digitaler Wegweiser für Menschen mit Hilfebedarf soll sowohl im Internet als auch mit einer App Informationen zur Orientierung im Alltag bieten.

Weitere Informationen

Wie das Land die Digitalisierung in Kommunen fördert

Hessens Kommunen werden bei Digitalisierungsvorhaben vom Land mit Mitteln aus dem Programm "Starke Heimat Hessen" unterstützt. Dafür stellte das Land für die Jahre 2020 bis 2024 insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Davon fließen oder flossen insgesamt 64 Millionen Euro in den Jahren 2021 bis 2024 in die Förderung smarter Kommunen und Regionen.

Unterstützt wurden oder werden vor allem Gemeinschaftsvorhaben mit Modellcharakter in den Themenfeldern Smart City/smarte Region, etwa Lösungen zur Digitalisierung der Verwaltung sowie Verbesserungen der Mobilität, des Wirtschaftslebens, der Gesundheits- und Energieversorgung. 

Die Vorhaben werden maximal über eine Laufzeit von zwei Jahren mit jeweils bis zu maximal 2,5 Millionen Euro gefördert - welche Projekte Geld bekommen, das wird jährlich im Rahmen kommunaler Wettbewerbe und unter Beteiligung einer Jury ausgewählt. Die Erfahrungen und Lösungen werden dokumentiert und anderen Kommunen und Regionen zur Verfügung gestellt. Derzeit besteht keine Möglichkeit der Antragstellung mehr.

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Quelle: dpa/lhe