Kaliberg Neuhof Bürgerinitiative will K+S-Abwasser zu Trinkwasser aufbereiten lassen

K+S streitet seit langem mit Kritikern um die Salzhalde in Neuhof und Abwasserschäden. Nun hat eine Bürgerinitiative einen Experten-Plan vorgelegt: Das Abwasser soll entsalzt werden.

Salzwassereinleitung
Das Salzabwasser von K+S wird auch in die Werra eingeleitet. Bild © picture-alliance/dpa

Zum Schutz vor weiteren Umweltschäden am Werk Neuhof des Bergbau-Unternehmens Kali+Salz (K+S) hat eine Bürgerinitiative einen mehrstufigen Aktionsplan entwickelt. Präsentiert wurde der mit Experten und Wissenschaftlern erarbeitete Vorschlag nun in Neuhof (Fulda) bei einem Runden Tisch.

Das Gremium ringt seit einem Jahr um Lösungen in dem festgefahrenen Konflikt zwischen K+S und seinen Kritikern. Beim Treffen am Dienstagabend waren erstmals Medienvertreter zugelassen.

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Die Bürgerinitiative Umwelt Neuhof stellte den mehr als drei Dutzend Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Naturschutzverbänden unter anderem Pläne zur Verringerung des Salzabwassers im Umfeld des Kalibergs vor.

Der Berg besteht aus Abfällen und Produktionsrückständen aus dem jahrzehntelangen Salzabbau unter Tage. Die bis zu 190 Meter hohe Salzhalde muss langfristig im Wachstum begrenzt und gesichert werden. Darauf niedergehender Regen und entstehende Sickerwässer im Untergrund sorgen für eine Versalzung von Böden und Gewässern, wie die Bürgerinitiative bereits beklagte.

Solarbetriebene Pilotanlage

Die Bürgerinitiative erklärte jetzt: Um die Umweltschäden zu reduzieren, könnte eine Pilotanlage zur Entsalzung des Haldenabwassers gebaut werden. Ziel sei es, am Ende des technischen Prozesses Wasser in Trinkwasserqualität zu erhalten. Das Wasser könnte dann der Trink- und Nutzwasserversorgung zugute kommen, erklärte Klaus Naderer, Sprecher der Firmen- und Forschungsgruppe.

Um die Anlagen zu betreiben, könnte erneuerbare Energie genutzt werden, etwa in Form vom Photovoltaik-Anlagen an der Halde. Die Gruppe bietet an, das Projekt als Betreiber durchzuführen. Dadurch entstünden K+S lediglich operative Kosten, aber keine Investitionen in die Technik der neuartigen, noch zu entwerfenden Pilotanlage.

K+S: "Nehmen Vorschläge ernst"

K+S erklärte auf hr-Anfrage, die Projektpläne im Detail prüfen zu wollen. "Die Ergebnisse werden wir in einer der nächsten Sitzungen am Runden Tisch präsentieren. Wir nehmen diese Vorschläge sehr ernst", versicherte K+S-Sprecher Johannes Rützel.

Zwar nannten die Forscher noch keine Einzelheiten zur angestrebten Wasseraufbereitung mit der Entsalzungsanlage. Aber Neuhofs Bürgermeister Heiko Stolz (CDU) zeigte sich trotzdem zuversichtlich: "Das Konzept hört sich sehr vielversprechend an." Die Salzfracht zu reduzieren, erscheine in kurzer Zeit möglich. Er hoffe, dass die Beteiligten diese Chance aufgreifen und zu einer tragfähigen Lösung kommen.

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Streit um Wasserproben

Wie belastet und von Misstrauen geprägt das Verhältnis zwischen K+S und seinen Kritikern ist, zeigte sich am Runden Tisch bei der Frage einer Wasserprobe. Das Unternehmen wurde mehrfach angefragt, zwei Proben des Salzabwassers zur Verfügung zu stellen. Die Forscher wollten daraus Rückschlüsse für die Aufbereitung ziehen.

K+S weigerte sich aber, weil damit keine fehlerhaften Analysen betrieben werden sollten. Nach gegenseitigen Schuldzuweisungen am Runden Tisch gab K+S schließlich doch die Zusage, Wasserproben bereitzustellen.

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Neben dem Bürgermeister hofft nun auch die Bürgerinitiative auf eine konstruktivere Zusammenarbeit. Ihr Sprecher Karl-Ludwig Ruppel sagte dem hr am Dienstag: "Wenn das Schwung-Rad angetrieben wurde, dann war das wohl heute Abend." Denn ihr Plan ermögliche einen Brückenschlag zu einer nachhaltigen Lösung des Abwasserproblems.

"Die Förderbänder müssen rückwärts laufen"

In einem zweiten Schritt soll laut Plan der Bürgerinitiative das Auftürmen der Salzrückstände am Kaliberg gestoppt und der Rückbau gestartet werden. "Die Förderbänder müssen rückwärts laufen", verglich Ruppel bildhaft.

Haldenmaterial solle wieder unter Tage transportiert werden. Dies erlaube dann Rohstoffe, die bisher in den Stollen als Stützpfeiler unter Tage dienten, abzubauen und zu verwerten.

Dadurch könnten viele Arbeitsplätze über Jahrzehnte gesichert werden, erklärten die Kommune Neuhof und die Bürgerinitiative. Wenn das Entsorgungsproblem nicht gelöst werde, sei wegen der Behörden-Genehmigungen sonst im Jahr 2035 Schluss mit dem Bergbau in Neuhof.

Monte Kali abbauen oder abdecken?

K+S zeigte sich skeptisch gegenüber Plänen, die Reststoffe nach dem Salzabbau wieder unter die Erde zu bringen. Das sei physikalisch nur schwer bis gar nicht möglich.

Zuletzt hatte das Unternehmen eine Kombi-Abdeckung zum Schutz vor dem Auswaschen der Salzrückstände favorisiert. Bei dieser Abdeckung sollen eine grobe Schicht aus Bauschutt und eine feinere Schicht aus Schlacken aus der Müllverbrennung kombiniert werden.

K+S verdient an Bauschutt und Müll

Der Vorteil für K+S: Das Unternehmen verdient - wie bei einer Deponie - an der Entgegennahme von Bauschutt und Abfall. Am Runden Tisch wurde berichtet, dass sich die Kosten (633 Millionen Euro) und Erlöse (449 Millionen Euro) zu einem letztlich verbleibenden Aufwand von dann nur noch 184 Millionen Euro entwickeln könnten.

Wie genau die Halde einmal abgedeckt werden könnte, ist neben der Versalzung eines der zentralen Themen am Runden Tisch. K+S wiederholte immer wieder, dass man alle Vorschläge und Optionen "ergebnisoffen" prüfen wolle.

Bürgerinitiative: Entscheidung schon gefallen

Die Bürgerinitiative befürchtet aber, dass sich K+S intern längst festgelegt habe - und zwar auf die bereits erwähnte Kombiabdeckung, die offenbar schon durchgerechnet worden sei. Als Belege für die Festlegung von K+S präsentierte die Bürgerinitiative Aussagen des Vorstandsvorsitzenden Burkhard Lohr bei der Hauptversammlung der K+S AG am 14. Mai.

Lohr soll laut Protokollen, die der Bürgerinitiative im Wortlaut vorliegen, gesagt haben: "Wir sind dabei die Halden abzudecken, werden leider immer wieder dabei gestört, aber das ist eine unglaubliche wichtige Umweltmaßnahme."

K+S schmallippig

Angesprochen darauf wollten sowohl Stefan Weber, der das Neuhofer Werk seit März leitet, als auch Standorte-Sprecher Rützel die Aussagen nicht kommentieren.

Einig sind sich K+S und die Bürgerinitiative aber mit Blick auf die Zukunftsvisionen am Kaliberg. Sie sehen am Ende in Simulationen einen grünen, ökologisch renaturierten Hügel mit naturnahen Wald- und Strauchbewuchs. Wie und wann man dorthin kommt, ist allerdings fraglich - und die große Zukunftsaufgabe.

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de