Luftverkehr der Zukunft Kassel Airport bereitet sich für Elektro-Flugzeuge vor
Fliegen, ohne klimaschädliches CO2 auszustoßen: Auf kurzen Strecken soll das in einigen Jahren mit batteriebetriebenen Maschinen möglich sein. Für den verkehrsarmen Kassel Airport könnte dann die große Stunde schlagen, wie eine Studie zeigt.
Diese Szene könnte in der Zukunft spielen: Am Flughafen Friedrichshafen steigen 15 Menschen in eine kleine Maschine, die sehr leise abhebt - sie wird angetrieben von Batterien. Am Kassel Airport geht sie runter, die Passagiere verlassen das Flugzeug, laufen ein paar Meter und heben keine 20 Minuten später mit einem anderen E-Flugzeug wieder ab, bevor sie dann ihr Ziel Hamburg erreichen.
Da an den Flughäfen schon vor Jahren große Photovoltaikanlagen aufgebaut wurden und seit kurzem endlich Schnellladesäulen speziell für E-Flugzeuge stehen, sind die soeben gelandeten Maschinen nicht nur bald wieder abflugbereit. Die Passagiere sind auch extrem emissionsarm unterwegs. Und sie sparen viel Zeit - auf der geschilderten Strecke bräuchten die Reisenden im Zug oder Auto locker fünf Stunden länger.
E-Flugzeuge frühestens 2030
So weit die Vision. Im Hier und Jetzt installiert der Kassel Airport zwar Photovoltaikanlagen auf seinem Gelände und plant weitere, wie Tobias Busch von der Flughafen GmbH Kassel berichtete. Doch E-Flugzeuge sind am Himmel über Calden erst mal nicht zu sehen. Man bereite sich aber auf diese Entwicklung vor, so Busch.
Olof Nittinger, der bei der Lufthansa die Trends im Flugzeugbau und im Luftverkehr beobachtet, rechnet mit einer Zulassung von E-Flugzeugen frühestens zum Ende des Jahrzehnts. "An Flugzeuge gibt es extrem hohe Anforderungen", sagte der Lufthansa-Direktor am Donnerstag bei der Präsentation einer Studie, die vom Kassel Airport und der IHK Kassel-Marburg in Auftrag gegeben wurde.
Dabei geht es um eben diese kleinen, CO2-neutralen Maschinen, die auf kleinen Regionalflughäfen eine Nische finden könnten. Der Kassel Airport sei dafür grundsätzlich geeignet, legte Nico Flüthmann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) dar, das das Marktpotenzial des nordhessischen Flughafens für den sogenannten eSAT-Verkehr erhob.
Reichweite von 250 Kilometern
Kassel biete sich aufgrund seiner zentralen Lage in Deutschland als Drehkreuz für den eSAT-Verkehr an, sagte Flüthmann: "Man könnte Verbindungen mit einem Umstieg in Kassel anbieten, die aufgrund der begrenzten Reichweite der Flugzeuge sonst nicht möglich wären."
Für die Studie hat das DLR 588 Verbindungen innerhalb von Deutschland oder ins benachbarte Ausland identifiziert, für die sich eine bis fünf Verbindungen per E-Flugzeug via Kassel dank der großen Zeitersparnis lohnen könnten: Hamburg - Konstanz etwa, Berlin - Karlsruhe oder München - Rotterdam.
Dabei gelte, so Flüthmann: Je weiter die Entfernung, desto größer der Zeitvorteil des Minifliegers im Vergleich zu Auto oder Bahn. Je weiter die Entfernung, desto nötiger freilich auch ein Drehkreuz Kassel, denn die Batterieflugzeuge schaffen nur 250 Kilometer, und auch die Hybridmodelle haben nur Reichweiten von 400 oder höchstens 600 Kilometern.
IHK sucht Potenzial des Airport
In diesem Segment des Luftverkehrs könnte also das Potenzial des bislang verkehrsarmen Kassel Airports liegen, das die IHK Kassel-Marburg zu heben sucht, wie ihr Geschäftsführer Arnd Klein-Zirbes am Donnerstag sagte. Und wie es ja auch die neue schwarz-rote Landesregierung zu tun gedenke. "Dieses Commitment finden wir gut", sagte Klein-Zirbes.
Fehlen nur noch die entsprechenden Flugzeuge. Aber die werden kommen, wie Lufthansa-Direktor Nittinger versicherte: "Der Luftverkehr will zur Mitte des Jahrhunderts CO2-neutral unterwegs sein." Während für die großen Maschinen wegen sonst zu schwerer Batterien nur Wasserstoff als Antrieb in Frage komme, könnten auf kurzen Strecken - zumal zwischen dezentralen Regionalflughäfen - durchaus Akkus eingesetzt werden. Einige Start-ups arbeiteten bereits an eSAT - denen darf nur nicht das Geld ausgehen.
Sendung: hr4, 01.03.2024, 6.30 Uhr
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