Geldanlage per App Hessische Verbraucher ärgern sich über Neobroker
Einfach per App in Aktien investieren: Damit haben sogenannte Neobroker Millionen Kunden gewonnen. Doch nun häufen sich in Hessen Beschwerden bei der Verbraucherzentrale und der Finanzaufsicht - über zweifelhafte Werbeversprechen und problematischen Umgang mit Kunden.
Vier Prozent Zinsen aufs Ersparte - und das unbegrenzt: So verstand Julian Michalk aus Frankfurt vor etwa eineinhalb Jahren das Werbeversprechen von Trade Republic. Der 35-Jährige wollte sein Geld anlegen und damit für das Alter vorsorgen. Michalk wechselte von seiner damaligen Hausbank zu dem sogenannten Neobroker, weil ihn dessen Werbung ansprach. Per App können Kunden bei Trade Republic in Aktien investieren - und bekommen zusätzlich die beworbenen Sparzinsen auf nicht investiertes Geld.
Mittlerweile ist Michalk ernüchtert: "Nach einer Zeit ist mir aufgefallen, dass es den Zinssatz von vier Prozent nicht unbegrenzt gibt." Vielmehr ist der Zinssatz von Trade Republic gekoppelt an den der Europäischen Zentralbank. Und die hat ihren Einlagenzins mittlerweile auf 2,75 Prozent gesenkt. Das bedeutet für Kunden wie Michalk, dass ihr Sparzins entsprechend niedriger ausfällt.
Verbraucherschützer verklagen Neobroker
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat Trade Republic vergangene Woche verklagt, weil die Werbung zu den Zinsen irreführend sei. Das Berliner Unternehmen informiere Verbraucher nicht ausreichend darüber, dass sich der Zinssatz ändern könne.
Die Vorwürfe weist der Neobroker zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, von Anfang an habe Trade Republic sein Zinsangebot an den Zinssatz der EZB gekoppelt, die Formulierung "unbegrenzt" beziehe sich lediglich auf die Höhe des angelegten Betrags. Sobald sich der Zinssatz für die Kunden ändere, informiere man sie unmittelbar – etwa in der eigenen App.
Fehlerhafte Dokumente, schwieriger Umzug
Der Frankfurter Kunde Julian Michalk kritisiert darüber hinaus, er habe bei Trade Republic angefragt, ob er Verluste aus Krypto-Geschäften steuerlich geltend machen könne und ein entsprechendes Dokument für das Finanzamt ausgestellt bekomme. Obwohl der 35-Jährige mehrmals nachgehakt hat, hat er über ein halbes Jahr auf eine aussagekräftige Antwort gewartet: "Man wird als Laie mit solchen Problemen allein gelassen", sagt Michalk. "Das ist schon sehr frustrierend." Auf Nachfrage teilt Trade Republic mit, so eine Bescheinigung gebe es nicht. Das habe man dem Kunden mitgeteilt. Diese Information erhielt der Kunde aber erst vor ein paar Tagen.
Der 35-Jährige hat sich unterdessen an die Verbraucherzentrale Hessen gewendet. Dort heißt es, auch andere Verbraucher hätten Schwierigkeiten mit Neobrokern. Sie klagten zum Beispiel darüber, dass diese ihnen steuerrelevante Unterlagen nicht übermitteln würden oder dass diese fehlerhaft seien.
"Einige Verbraucher haben sich zuletzt sehr vehement bei uns beschwert", berichtet Finanzexpertin Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen: "Bei ihnen ging es speziell darum, dass sie mit ihrem Aktiendepot von einem Anbieter zum anderen wechseln wollten und dieser Umzug hat sehr lange gedauert." Selbst wenn Kunden also von einem Neobroker wegwollten, könne das womöglich kompliziert werden, meint Lawrence.

Beschwerdeflut bei der Finanzaufsicht
Laut Verbraucherzentrale fühlen sich die Betroffenen oft allein gelassen. Denn die Anbieter ließen sich oft Zeit mit ihren Antworten, die zumeist auch nur aus Textbausteinen bestünden. Für den Fall, dass Kunden so zu keiner Lösung kommen, rät die Verbraucherschützerin: "Schauen Sie bei Ihrem Neobroker im Impressum nach, ob es eine zuständige Schlichtungsstelle gibt, und stellen Sie da einen Antrag."
Oft ist das die Schlichtungsstelle der Finanzaufsicht Bafin mit Sitz in Frankfurt. Dort hat sich die Zahl der Anträge mit rund 1.100 letztes Jahr mehr als verdoppelt. Meist sei es um Wertpapiergeschäfte gegangen, weitgehend im Zusammenhang mit Neobrokern, heißt es. Die hätten die Zahl der Anträge maßgeblich nach oben getrieben.
Nur in jedem fünften Fall eine Lösung
Laut Bafin hat es diverse Probleme gegeben, etwa bei der Übertragung von Aktiendepots. Aufträge seien nicht ausgeführt worden oder nur mit großem zeitlichem Verzug. Es habe fehlerhafte Berechnungen gegeben, etwa bei Gewinnen aus Aktienverkäufen. Diese Fehler seien bei bestimmten Wertpapierinstituten gehäuft aufgetreten. Konkrete Namen wollte die Finanzaufsicht nicht nennen.
Von den 1.100 Anträgen haben die Aufseher allerdings etliche aus formalen Gründen ausgeschlossen. Für andere sahen sie sich trotz allem nicht zuständig. Und so konnten nur in etwa 240 Fällen die Streitigkeiten durch die Schlichter der Bafin beigelegt werden – also im Schnitt nur in jedem fünften Fall.