Verdacht auf Insolvenzverschleppung Gammelnde Immobilien und Pleite-Kliniken: Ermittlungen gegen Frankfurter Unternehmen

Ein deutsch-schweizerisches Firmengeflecht fällt durch geplatzte Projekte auf. In zwei Fällen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft. Auch ehemalige Mitarbeiter warten unterdessen auf ihr Geld.

Leerstehender Hotel-Rohbau in Groß-Gerau: "Zwischen anderen Häusern stehen die Backsteinwände des leerstehenden Hotel-Rohbaus auf einer mit einem Zaun abgesperrten Fläche.
Seit Jahren herrscht hier Stillstand: Leerstehender Hotel-Rohbau im Groß-Gerauer Gewerbegebiet "Im Neugrund". Bild © Tobias Lübben (hr)
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Mehrere tausend Euro schulde ihr die Klinik Lohrey in Bad Soden-Salmünster, sagt Christiane Nix. Sie hat dort jahrzehntelang in der Personalverwaltung gearbeitet, bis zur Insolvenz im Winter 2022, als in der Klinik Strom und Heizung abgestellt wurden. Am Ende regierte das Chaos in der Klinik im Main-Kinzig-Kreis. Laut Nix warten noch über 20 Mitarbeiter auf Geld.

Das 180-Betten-Haus steht seit zwei Jahren ungenutzt da. Es verfällt zusehends, noch immer liegen einige Patienten- und Mitarbeiterakten offen darin herum. Hin und wieder dringen Lost-Places-Jäger ein, um sich in dem maroden Gebäude umzusehen und Fotos und Videos zu machen.

Der hr hatte darüber berichtet, daraufhin ordnete der Hessische Datenschutzbeauftragte an, das Gebäude mit Schlössern zu sichern. Allerdings haben sich auch danach noch Lost-Places-Jäger Zutritt verschafft, wie die Gelnhäuser Zeitung kürzlich vermeldete.

Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung

Kurz nach der Klinik Lohrey meldete auch die Rhönblick-Klinik in Bad Soden-Salmünster Insolvenz an. Beide hatten dieselbe Muttergesellschaft, die "Sirius Health Care Holding" mit Sitz in Frankfurt. Die ist ebenfalls zahlungsunfähig. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen die Holding wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung.

Doch damit nicht genug der Insolvenzen: Die Holding gehörte laut Handelsregister dem Frankfurter Unternehmer Peter-Josef Königstein und dem Schweizer Unternehmen Concret Invest (CI). Diese Partner betrieben weitere Gesellschaften, die ebenfalls durch gescheiterte Investments aufgefallen sind. So verfolgte etwa Concret Invest ein Hotelprojekt in Groß-Gerau.

Gammelnder Rohbau in Groß-Gerau

Seit Jahren gammelt ein wuchtiger Rohbau im Groß-Gerauer Gewerbegebiet "Im Neugrund" vor sich hin. Ein Vier-Sterne-Hotel mit 83 Betten solle dort entstehen, wurde Königstein vor sechs Jahren in der Frankfurter Rundschau zitiert. Doch umgesetzt wurde der Plan nie. Die zuständige Projektgesellschaft der CI-Gruppe ging pleite.

Die Gesellschaft war offenbar so heruntergewirtschaftet, dass kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Insolvenzmasse reiche dafür nicht aus, heißt es in einer Mitteilung des Frankfurter Amtsgerichts. Auch in diesem Fall ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft.

Insolvenz in Koblenz

Die letzte Insolvenz liegt nur wenige Wochen zurück: In Koblenz wollte ein Unternehmen der CI-Gruppe ein ganzes Wohnquartier errichten, mit Kita, Geschäften und Pflegeeinrichtung. Im November vergangenen Jahres beschloss die Stadt Koblenz, einen städtebaulichen Vertrag mit dem Investor einzugehen.

Doch kurz vor Weihnachten erschien auch diese CI-Projektgesellschaft im Insolvenzregister. Demnach wurde eine Insolvenz in Eigenverwaltung eröffnet. Die Stadt Koblenz will nun erstmal abwarten, ob und wie es weitergeht. Man sei mit dem Investor in Kontakt.

Geschädigte fühlen sich verlassen

Auf eine Anfrage des Hessischen Rundfunks haben die Verantwortlichen der CI-Gruppe bisher nicht reagiert. Eine Internetseite hat das Unternehmen nicht. Die Seite der Schweizer Muttergesellschaft Concret Invest AG ist nur noch im Internet-Archiv zu finden.

Betroffene wie Christiane Nix tappen derweil weiter im Dunkeln: Haben Sie noch Aussichten, ihr Gehalt zu bekommen? Eine kleine Hoffnung haben sie noch, denn seit zwei Jahren versucht der Insolvenzverwalter Lucas Flöther, die Klinik abzuwickeln. Auf hr-Anfrage teilt sein Pressesprecher allerdings mit, dass „in der Insolvenzmasse nicht genügend Geld vorhanden ist“, um alle Forderungen zu begleichen. Details aus dem laufenden Verfahren könne er nicht nennen.

Anwalt rät zu Ausdauer

Der Frankfurter Rechtsanwalt Leonard Gorbach, der bei Insolvenzen Arbeitnehmer-Ansprüche durchzusetzt, rät zu Geduld: Es passiere oft, dass Insolvenzverfahren mehrere Jahre dauerten. Zugleich warnt er vor zu hohen Erwartungen: Oft erhielten die früheren Mitarbeiter am Ende nur einen Teil ihrer Forderungen. Aber zumindest auf diesen Teil, so Gorbach, sollten die Geschädigten pochen.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de