"Flächendeckendes Problem" Kommunen verärgert über Straßenschäden nach Glasfaser-Ausbau

Der Glasfaser-Ausbau für Highspeed-Internet führt hessenweit zu Ärger. Anwohner beklagen Baumängel wie kaputte Gehwege, die zu Stolperfallen werden. Internetanbieter, Baufirmen und Kommunen machen sich gegenseitig verantwortlich.

Nahaufnahme eines Bürgersteigs. Aus einer steinigen Fläche in der Mitte ragt ein gelbes zerknittertes Band mit der Aufschrift "Achtung". Dahinter sich bewegende Füße eines gehenden Menschen.
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Ärger um Straßenschäden beim Glasfaser-Ausbau

Ein Schuttberg auf einem Grundstück.
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Wenn Bürgermeister Matthias Kübel mit dem Auto durch Bad Salzschlirf im Kreis Fulda fährt, macht sich schnell Ärger in ihm breit. "Da zum Beispiel", sagt der CDU-Politiker, stoppt den Wagen, steigt aus und zeigt, was ihn so rasend macht: Dutzende Schäden an Gehsteigen, Wegen und Straßen. Laut Kübel alles eine Folge des Glasfaser-Ausbaus.

In der 3.000-Einwohner-Gemeinde im Kreis Fulda - wie auch in vielen weiteren Kommunen in Hessen - werden seit geraumer Zeit Schächte im Boden ausgehoben. Verlegt werden darin Kabel für schnelleres Internet. Beim Schließen dieser Schächte komme es nicht selten zu Pannen, beklagt Kübel.

Laut dem Bürgermeister gibt es in Bad Salzschlirf fast keinen Ausbau-Abschnitt ohne Beanstandungen. "An etwa 40 Orten sehen wir hier Mängel, über die man nicht hinwegsehen kann."

"Pfusch am Bau und haarsträubende Schlampereien"

Beim Tiefbau seien zum Beispiel Rohre, Leitungen und Kabel beschädigt worden. Nach dem Schließen der Schächte seien für Passanten Stolperfällen entstanden, durch Unebenheiten bis hin zu kleinen Gräben im Untergrund. Kübel spricht von Löchern, Wellen sowie emporragenden und kaputten Steinen. An etlichen Stellen stünden deshalb Warnbaken und Baustellenzäune.

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Was den Rathaus-Chef auch aufregt: Neben den funktionellen Mängeln gibt es optische. Material-Unterschiede, Beläge und Farben von Steinen harmonieren nicht mehr. "Ein Flickenteppich im Pflaster - es sieht schlimmer aus als vorher", schimpft Kübel. Er nennt das "Pfusch am Bau und haarsträubende Schlampereien". Ähnlich äußerten sich Anwohner, mit denen der hr gesprochen hat, die im Text aber nicht zitiert werden wollten.

"Die Leute freuen sich nicht mehr über den technischen Fortschritt mit Glasfaser für schnelleres und stabileres Internet", beobachtet auch Kübel. Stattdessen mache sich Ernüchterung breit - und der Gedanke, dass von den Firmen viel kaputt gemacht werde. "Und wenn von den Firmen repariert wird, dauert es meistens Monate. Machen wir es selbst, müssen wir dem Geld hinterherlaufen."

Verband spricht von "flächendeckendem Problem"

Ärger mit dem Glasfaser-Ausbau gibt es auch an anderen Orten. In Burghaun (Fulda) sprach Bürgermeister Dieter Hornung (CDU) in einem Zeitungsbericht mit Blick auf einzelne Gemeindeteile von einer "Katastrophe". In Bad Hersfeld wurde vorübergehend ein Baustopp verhängt, weil die Stadt so unzufrieden war.

Das sind keine Einzelfälle, wie der Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) bestätigt. Der kommunale Spitzenverband spricht von einem "flächendeckendem Problem". Fast jede Woche meldeten sich Kommunen wegen Beschwerden. In den vergangenen Monaten seien es rund 20 Kommunen gewesen.

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Verfügbarkeit von Breitband-Internet

Auf den Karten im Breitbandatlas ist abrufbar, wo in Deutschland welche Technologien, Anschlussarten und Geschwindigkeiten (Megabit pro Sekunde) verfügbar sind. Wie die digitale Infrastruktur in Hessen aufgestellt ist, zeigt ein Dashboard.

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Die Zahl der Problemfälle liege wahrscheinlich viel höher. Da sich die Bürgermeister häufig mit Amtskollegen an anderen Orten austauschten, um Lösungen zu finden, bekomme der HSGB auch nicht alles mit.

Kommunen dürfen Bauunternehmen nicht aussuchen

Die Bürgermeister könnten aber keinen Einfluss darauf nehmen, welche Firmen tätig werden. Denn das Telekommunikationgesetz räume den ausbauenden Unternehmen große Handlungsfreiheit ein, so der HSGB. Die Kommunen müssten die Firmen gewähren lassen.

Laut Verband engagieren diese häufig günstig anbietende Sub-Unternehmen für die Arbeiten. Mitunter seien mehrere Unternehmen tätig, die sich gegenseitig fragwürdige Wettrennen lieferten.

Foto eines Bürgersteigs. In der Mitte ein großes Loch, aus welchem viele dicke Kabel in einem großen Bogen herausragen.
An vielen Orten in Bad Salzschlirf werden derzeit Glasfaserkabel für schnelleres Internet verlegt. Bild © hr / Jörn Perske

In Bad Salzschlirf ist sowohl die Deutsche Telekom als auch der Anbieter TNG aus Kiel aktiv. "Die reißen dann beide nacheinander den Boden auf. Das belastet die Infrastruktur zusätzlich", meint Bürgermeister Kübel. Absprachen gebe es nicht. "Und wenn etwas schief gegangen ist, war der Konkurrent schuld."

Telekom: Nehmen Schäden ernst

Eine Sprecherin erklärte im Auftrag der Telekom: Man nehme die Schadensfälle sehr ernst und analysiere die Gründe dafür. Man versuche, die Arbeitsprozesse zu optimieren. Die Verantwortung für die fachlich korrekte Ausführung liege bei den beauftragten Tiefbaufirmen. Diese seien aufgefordert, bei Schadensmeldungen die Mängel umgehend auszubessern.

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Mit dem Glasfaser-Ausbau befasste Unternehmen

In Hessen sind am Glasfaser-Ausbau diverse Unternehmen beteiligt, darunter befinden sich neben der Telekom und TNG nach Angaben des Hessischen Städte- und Gemeindebunds auch insbesondere die Firmen Goetel GmbH, Unsere Grüne Glasfaser, YplaY Germany GmbH, Deutsche Glasfaser und die Deutsche GigaNetz GmbH. Organisiert sind über 400 Unternehmen im Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO).

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Bei der Auswahl der Baufirmen gehe man - entgegen der Kritik des HSGB - "sorgfältig und gewissenhaft" vor, erklärte die Sprecherin. Doch die Firmen fänden oftmals bereits beschädigte Oberflächen wie Pflastersteine und Asphalt vor.

Das seien typische Schwierigkeiten beim Ausbau, die auch in Bad Salzschlirf zu beobachten seien. Die Sprecherin versicherte aber: "Da alle im Ausbaugebiet vorhandenen Trassen einer finalen Abnahme unterliegen, werden spätesten bis dahin auch letzte Mängel beseitigt."

Gegenseitige Vorwürfe der Firmen

Die Telekom und die TNG machten sich in Stellungnahmen auf hr-Anfrage gegenseitig den Vorwurf, dass die Anwesenheit des jeweiligen Konkurrenten störend sei und zu Lasten der Ausbau-Qualität gehe.

Nahaufnahme eines Bürgersteigs. In der Mitte ein großes Loch, das nur unzureichend von einer rot-weißen Absperrung umstellt ist. Im Hintergrund klein Menschen, die mit Gehhilfen in das angrenzende Haus eintreten.
Vor einer Reha-Klinik gibt es in Bad Salzschlirf eine Baustelle auf dem Bürgersteig wegen Pannen beim Glasfaser-Ausbau. Bild © hr / Jörn Perske

Ein TNG-Sprecher wehrte sich gegen den Vorwurf verursachter Baumängel: "Richtig ist, dass wir eine Infrastruktur vorfinden, die sich in einem teilweise sehr schlechten Zustand befindet und tatsächlich entweder durch andere Versorger entsprechend hinterlassen wurde oder aber allgemein älter ist."

"Geräuschloser Ausbau schwer möglich"

Die mangelhaften Oberflächen würden dokumentiert und der Kommune gemeldet. Der Sprecher befand: "Der Zustand nach unseren Arbeiten ist also grundsätzlich besser als vorher."

Die beauftragten Baufirmen würden intensiv überwacht. Wenn es mal zu Schäden komme, würden sie ausgebessert. Notfalls werde auch das Personal oder direkt die Firma ausgewechselt. Im Winter könne es wetter- und baubedingt mal zu längeren Wartezeiten kommen. Aufgrund der Vielzahl der Akteure sei generell ein "geräuschloser Ausbau schwer möglich".

Das Digitalministerium in Wiesbaden teilte zu den Pannen beim Glasfaser-Ausbau mit: "Grundsätzlich sind verursachte Straßenschäden durch den Glasfaserausbau ein Ärgernis." Nach der erfolgten Verlegung habe das Telekommunikationsunternehmen die Verkehrswege wieder instand zu setzen. Das sei gesetzlich klar geregelt.

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Wie weit ist Hessen beim Glasfaser-Ausbau?

Hessen ist nicht gerade mit Lichtgeschwindigkeit beim Glasfaser-Ausbau unterwegs. Das zeigte sich bereits in einer Zwischenbilanz. Nach aktuellen Angaben des Digitalministeriums in Wiesbaden verfügen rund 21 Prozent aller Haushalte in Hessen über einen Glasfaseranschluss (FTTB/H). Gigabitfähig mit einer Datenübertragung von 1.000 Mbit/s unabhängig von der Technologie sind knapp 71 Prozent der Haushalte.

Damit belegt Hessen unter den Flächenländern Platz 5. Bei den Gewerbegebieten verfügen knapp zwei Drittel über einen gigabitfähigen Anschluss, unter den Flächenländern erreicht Hessen in diesem Punkt Platz 2, wie das Digitalministerium erklärte.

Das steigerungsfähige Tempo beim Ausbau begründet das Ministerium mit den Wäldern, Bergen und Tälern. "Diese Topographie führt beim Verlegen von Glasfaserleitungen zu Herausforderungen. In anderen Regionen Deutschlands ist die Verlegung einfacher", sagte Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU). Ziel sei es, bis zum Jahr 2030 ein flächendeckendes Glasfasernetz zu errichten.

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Sendung: hr-fernsehen, mex. das marktmagazin, 17.04.2024, 20.15 Uhr

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Quelle: hessenschau.de