Gestiegene Kosten Wird Eis essen zum Luxus?
Wer das Frühlingswetter zum Anlass für eine Kugel Eis nehmen will, zahlt dafür bis zu 30 Cent mehr als im Vorjahr. Eine schwierige Situation für Eisdielen-Inhaber - denn sie können nicht anders, als ihre gestiegenen Kosten an die Kundschaft weiterzugeben.
Es ist ein sonniger Mittag in Frankfurt – eigentlich ein Grund zur Freude für Jessica Michielin. Sie leitet die Eisdiele Fontanella im Bahnhofsviertel. Seit über 60 Jahren gibt es das familienbetriebene Café schon, es ist eines der ältesten der Stadt.
Vor dem Café in der Kaiserstraße, im Schatten hoher Bäume, genießt die Kundschaft gern eine Kugel Maracuja oder Bitterschokolade. Doch in diesem Jahr fällt der Genuss schwer.
Preisentwicklung in Frankfurts Eisdielen
"Der Spaghetti-Eisbecher kostet bei uns 9,40 Euro – das halte selbst ich für verrückt", sagt Jessica Michielin. Das Spontane und die Freude beim Eis essen seien getrübt, Eis sei zum Luxusprodukt geworden.
Eigentlich liebt Michielin ihren Beruf sehr: "Ich bin geboren, um Eis zu produzieren. Das gehört zu mir." Doch die vergangenen drei Jahre waren hart. Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter musste sie aus finanziellen Gründen entlassen.
Der Preis für eine Kugel Eis bei Fontanella liegt inzwischen bei 1,70 Euro, im Vorjahr waren es noch 20 Cent weniger. Als Michielin vor Jahren anfing zu arbeiten, kostete eine Kugel 90 Cent.
30 Prozent höhere Erzeugerpreise
Eigentlich möchte Michielin die Preise nicht erhöhen - denn sie sieht das Vergnügen, ein Eis essen zu gehen, als familienfreundlichen Sonntagsausflug. Den könnten sich bei den steigenden Kosten aber immer weniger Familien leisten. "Gehen wir in die Eisdiele oder machen wir lieber einen Spaziergang durch den Wald, das kostet nichts", kennt Michielin die Probleme ihrer Kundschaft.
Doch der Preis für eine Kugel Eis ist keine willkürliche Entscheidung. Die gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise treffen die Eisdielen-Betreiber. Grundzutaten wie Zucker, Milch und Sahne sind im Einkauf viel teurer geworden.
Dazu kommen die gestiegenen Strom- und Lieferkosten. Insgesamt sind die Erzeugerpreise für Speiseeis von Februar 2022 bis Februar 2023 um knapp 30 Prozent gestiegen – das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Qualität soll nicht leiden
Jessica Michielin weiß, dass Cafés, die ihr Eis selbst produzieren, bei der Auswahl der Zutaten ein bisschen sparen können. Bei Eis Fontanella wird zur Herstellung der italienischen Eiscreme zum Beispiel gezuckerte Kondensmilch benutzt.
Die ist mit etwa sieben Euro pro Liter besonders teuer geworden. "Wir wollen aber auch nicht auf gute Qualität verzichten. Deswegen haben wir die Preise erhöht", erklärt Michielin.
Viele Betriebe mussten schließen
Nach Ansicht des Verbands Uniteis, der sich für italienische Speiseeishersteller in Deutschland einsetzt, ist Michielins Entscheidung richtig. "Wer die Kugel nicht teuer verkauft, wird sehr bald sein Eiscafé zumachen."
Viele kleine Betriebe hätten in den vergangenen Jahren immer den Preis niedrig gehalten. "Mit dem bitteren Ergebnis, den Laden schließen zu müssen", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands.
Gutes Eis in Deutschland verhältnismäßig günstig
Außerdem fehlt es nach Ansicht von Uniteis auch an Wertschätzung. In Deutschland bezahle man für eine Eiskugel noch wenig, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.
"In Deutschland gilt immer noch das beste Preis-Leistungsverhältnis, aber keiner scheint es zu wissen, geschweige denn zu schätzen." Der Kugelpreis in Spanien, Italien oder Frankreich liege mittlerweile zwischen drei und 4,50 Euro.
Weiter kämpfen trotz Krise
Ans Aufgeben denkt Jessica Michielin trotz aller Probleme nicht. Denn nach wie vor gibt es auch gute Momente, die ihr Kraft geben. "Die Kunden sagen, es ist teuer, aber lecker. Und das gibt uns ein bisschen Motivation, um weiter zu kämpfen. Denn solange es schmeckt, sind wir auf einem guten Weg."
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Sendung: hr1, 21.04.2023, 15.15 Uhr
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