Nach Abstimmung im Bundestag Finanzpaket: Was hessische Unternehmer und Gewerkschaften jetzt fordern

Wo viel Geld ist, sind viele Wünsche. Zum Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD haben hessische Unternehmerverbände ihre Forderungen in Stellung gebracht. Die Gewerkschaften haben schon konkrete Vorschläge, wohin das Geld auch fließen soll.

Der Bundestag in Berlin vor der Abstimmung über die Reform der Schuldenbremse am Dienstag.
Der Bundestag in Berlin vor der Abstimmung über die Reform der Schuldenbremse am Dienstag. Bild © picture alliance/dpa | Michael Kappeler
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Sondervermögen verabschiedet – wie Hessen davon profitiert

Hessisches Ministerium der Finanzen
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Der Bundestag hat am Dienstag mit Zweidrittelmehrheit das Grundgesetz geändert und damit ein Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur beschlossen.

Nun muss am Freitag noch der Bundesrat zustimmen, um den Weg für Milliarden-Investitionen in die deutsche Verteidigungsfähigkeit und in marode Verkehrswege, Energienetze, Schulen oder Sportanlagen freizumachen. Auch in den Klimaschutz sollen Milliarden fließen.

"Allein mit Schulden geht der Plan nicht auf"

Anlässlich des Beschlusses im Bundestag und der anstehenden Entscheidung im Bundesrat äußerten sich am Dienstag hessische Wirtschaftsverbände, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hessen-Thüringen und der hessische Städte- und Gemeindebund:

Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und die Chemie-Industrie forderten neben den geplanten Investitionen "strikte Reformen": Der Fokus auf Verteidigung und Infrastruktur sei zwar richtig, sagte HessenChemie-Hauptgeschäftsführer Dirk Meyer dem hr. "Aber allein mit schuldenfinanzierten Programmen wird der Plan nicht aufgehen."

"Viel zu hoch" sei die Sozialabgaben- und die Steuerlast. Außerdem würden Genehmigungsverfahren und Planung zu lange dauern.

Verband der Chemischen Industrie: "Sparen, sparen, sparen"

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, sagte dem hr, der Staat und die politischen Parteien müssten jetzt das tun, was jedes Unternehmen in der Krise mache: "Kosten senken, Strukturen radikal anpassen und vor allem sparen, sparen, sparen."

Eine zukunftsfähige Infrastruktur sei keine Sonderaufgabe, es sei die existenzielle Aufgabe des Staates".

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Unternehmerverband: Reformdruck massiv erhöht

Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) sagte dem hr, die neuen Schulden müssten "zwingend mit Einsparungen und entschlossenen Strukturreformen verbunden werden". Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für die Infrastruktur schaffe nur kurzfristig Spielräume, erhöhe aber den Reformdruck massiv.

"Wir brauchen wettbewerbsfähige Energiepreise und Unternehmenssteuern - und eine große Sozialstaatsreform", forderte Pollert.

Gewerkschaften: Auch in bezahlbaren Wohnraum investieren

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, begrüßte die Reform der Schuldenbremse. Es sei "immens wichtig", dass es auch im Land Hessen mehr Möglichkeiten der Verschuldung gebe. Das Investitionspaket werde einen wesentlichen Beitrag leisten, den Investitionsstau in Hessen aufzulösen.

"Es muss auch in bezahlbaren Wohnraum investiert werden, in die Gesundheitsversorgung vor Ort und in bessere Bildung", sagte Rudolph.

Kommen die Veränderungen bei der Schuldenbremse wie vorgeschlagen, dann hätte Hessen künftig einen Verschuldungsspielraum von zusätzlich rund einer Milliarde Euro jährlich, wie das hessische Finanzministerium dem hr am Dienstag auf Anfrage mitteilte.

Von dem Sondervermögen Infrastruktur sollen 100 Milliarden Euro auf Länder und Kommunen entfallen. Für Hessen wären dies nach Schätzungen des Finanzministeriums rund 625 Millionen Euro pro Jahr über einen Zeitraum von zwölf Jahren.

Kommunen fordern Anteil am Sondervermögen

Der Hessische Städte- und Gemeindebund hofft, dass ein Großteil bei den Kommunen ankommt. Geschäftsführer David Rauber sagte, in den Kommunen gebe es "eigentlich immer was zu tun". Deswegen habe man "natürlich auch Verwendung für Geld, für Infrastruktur".

"Wir haben etwa 80 Prozent der Ausgaben für Investitionen innerhalb Hessens bei den Städten, Gemeinden und Kreisen und nur 20 Prozent beim Land", sagte Rauber. Es werde im Land zu diskutieren sein, dass die Kommunen einen ausreichenden Anteil bekommen.

Noch kann das hessische Finanzministerium nicht abschätzen, inwieweit die Kommunen profitieren werden. "Unabhängig davon war und ist das Land ein fairer und verlässlicher Partner seiner Kommunen", teilte das Ministerium dem hr mit.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de/Alexander Schmitt, dpa