Milliarden-Deal in Nordhessen Wirtschaftsminister Habeck will Viessmann-Verkauf prüfen lassen
Nachdem der Verkauf der Klimaschutz-Sparte des nordhessischen Unternehmens Viessmann angekündigt wurde, meldet sich nun die Bundespolitik zu Wort: Wirtschaftsminister Habeck will den Verkauf prüfen lassen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den angekündigten Verkauf der Viessmann-Wärmepumpensparte in die USA unter die Lupe nehmen. "Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient", sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch.
Die Vorteile der deutschen Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet würden, müssten weiter dem Standort Deutschland zugutekommen. "Darauf werden wir achten", sagte Habeck. Gerade deutsche Unternehmen hätten die Wärmepumpentechnik vorangebracht. "Der geplante Verkauf des Geschäftsbereichs von Viessmann zeigt, dass deutsche Unternehmen viel Kapital anziehen, weiter leistungsfähig sind und der Markt für Wärmepumpen so attraktiv ist, dass er Investitionen anzieht."
Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen sagte bei einer Veranstaltung der IG Metall in Berlin, es gehe bei der Prüfung vor allem um mögliche Zusagen für Investitionen und Arbeitsplätze.
Viessmann wird Anteilseigner bei Carrier
Am späten Dienstagabend hatte das nordhessische Familienunternehmen bestätigt, dass es seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global verkaufen wolle. Der US-Klimaanlagenhersteller Carrier Global zahlt nach eigenen Angaben zwölf Milliarden Euro für Viessmann Climate Solutions, die rund 11.000 Mitarbeitende weltweit beschäftigt.
Die Gründerfamilie erhält laut der Nachrichtenagentur Reuters 80 Prozent des Kaufpreises in Form von Geld und 20 Prozent als Carrier-Aktien. Damit wird die verbleibende Viessmann-Gruppe ein Aktienpaket und wird nach eigenen Angaben einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns.
Standorte und Arbeitsplätze vorerst gesichert
Das Geschäft soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, teilte Viessmann mit. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie "für 106 Erfolgsjahre" ausgeschüttet werden.
Weltweit beschäftigt Viessmann rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - davon allein 5.500 am Hauptsitz in Allendorf an der Eder (Waldeck-Frankenberg). In den letzten Jahren hatte Viessmann seinen Umsatz deutlich gesteigert - vor allem im Geschäftsbereich Klimalösungen. Einer der Treiber für das starke Wachstum der vergangenen Jahre waren die Wärmepumpen, die nach politischen Vorgaben in den Gebäuden schnell Gas- und Ölheizungen ablösen sollen.
Carrier übernahm schon Linde Kältetechnik
2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt. Mit dem nun beschlossenen Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel würde das Kerngeschäft des regional aufgestellten Unternehmens Viessmann im Carrier-Konzern aus Florida aufgehen - und eine höhere Kapitalkraft erlangen: Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. "Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt", erklärte Firmenchef Max Viessmann, der auch einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten soll.
In der Massenproduktion sehen Experten allerdings die asiatischen Anbieter von Klimaanlagen im Vorteil, die mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind und seit Jahrzehnten in extrem hohen Stückzahlen gebaut werden.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 26.04.2023, 19.30 Uhr
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