Behörden sagen: Jetzt ist Schluss Mini-Supermarkt fliegt nach 20 Jahren mit Sonntagsöffnung auf

Zwei Jahrzehnte lang öffnete ein kleiner Lebensmittelmarkt im osthessischen Eichenzell auch sonntags. Dass der Chef damit gegen das Ladenöffnungsgesetz verstieß, fiel den Behörden erst jetzt auf. An der Gesetzeslage gibt es derweil Kritik und vor Ort eine Unterschriftenaktion.

Lebensmittelmarkt Nahkauf Eichenzell-Rothemann Stefan Reith
Stefan Reith öffnete seinen Lebensmittelmarkt in Eichenzell (Fulda) auch sonntags, um Backwaren und andere Artikel zu verkaufen. Das haben die Behörden nun verboten, als sie davon erfahren haben. Bild © Jörn Perske (hr)
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Viele Jahre ging für Stefan Reith alles glatt. Immer wieder sonntags öffnete sein kleiner Lebensmittelmarkt in Eichenzell (Fulda). Der "nahkauf", eine Art Tante-Emma-Laden im XXL-Format, liegt im Ortsteil Rothemann direkt an der Bundesstraße 27. "Gekauft wurden gern Brot, Brötchen, was zum Frühstück, Kuchen für den Nachmittag oder andere Sachen", erklärt Reith.

Die Einkaufsmöglichkeit am heiligen Sonntag in dem immerhin 300 Quadratmeter großen Laden war auch alles andere als ein Geheimtipp. An der Tür klebt noch immer unübersehbar groß der Hinweis: Sonntags von 8 bis 11 Uhr geöffnet. Dabei war und ist das gesetzlich verboten.

Seit Kurzem ist nun Schluss mit dem Sonntagseinkauf bei Stefan Reith. Denn den Behörden ist aufgefallen, dass Reith gegen das hessische Ladenöffnungsgesetz verstoßen hat.

"Der Umsatz war immer bombig"

Kurios ist: Reiths Geschäft lief so nach eigener Aussage 20 Jahre lang. Unbehelligt - immer wieder sonntags. Schön für die Kunden und gut für Reiths Kasse. "Der Umsatz war immer bombig", sagt er. Doch die Gewerbe-Aufsicht des Landkreises Fulda hat ihm nun einen Riegel vorgeschoben.

Der Laden muss sonntags geschlossen bleiben. Hält sich Reith nicht daran, droht ihm eine Strafe von 2.500 Euro. "Das hat mich schon etwas geschockt", sagt der Ladeninhaber. "Aber ich musste damit rechnen, dass es irgendwann so kommt", gibt er zu.

Seinen Kunden hat er die traurige Botschaft schon kundgetan. An seiner Tür hängen diverse Zettel: "Wir dürfen sonntags nicht mehr öffnen. Beschluss vom Landkreis Fulda". Auf einem anderen steht: "Wir würden gerne, dürfen aber nicht."

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Geschäftsführer Stefan Reith hat seine Kundschaft mit Aushängen über das Sonntagsöffnungsverbot der Behörden informiert. Bild © Jörn Perske (hr)

"Wertvoll vor allem für ältere Menschen"

Stammkunden des kleinen Ladens müssen ihren Einkauf jetzt anders planen - so wie Konrad Heurung. "Wir können froh sein, dass solche Geschäfte überhaupt noch existieren", sagte er dem hr. Es sei der einzige Laden dieser Art in der Gegend. "Wertvoll vor allem für die älteren Menschen im Dorf", findet Heurung.

Insgesamt sei die Kundschaft enttäuscht, sagt Stefan Reith. Er habe sich seine Nischen gesucht, damit er als kleiner Einzelhändler im Konkurrenzkampf mit großen Supermärkten mithalten könne.

Werktags macht er bereits morgens um 5.00 Uhr auf. "Da liegen dann schon 100 geschmierte und belegte Brötchen. Es muss ja schnell gehen", weiß er.

"Rechtlich in der Grauzone"

Eine weitere Nische: die Öffnung an Sonntagen. Vor 20 Jahren hat Reith nach eigener Aussage mal sondierend beim Einzelhandelsverband nachgefragt, ob das in Ordnung gehe. Er habe damals nichts zu hören bekommen, was ihn von der Idee habe abbringen können, sagt er.

Soll sich erstmal jemand beschweren, habe er sich gedacht. "Mir war klar, dass ich mich rechtlich in einer Grauzone befinde", so Reith. Etwas "schlitzohrig" sei das schon gewesen, gibt er zu: "Ich war blauäugig, aber nicht ängstlich."

Tankstellen dürfen öffnen, Läden nicht

Der Ladenbesitzer findet es "unfair", dass "Tankstellen auch sonntags alles Mögliche verkaufen dürfen". Für Tankstellen-Shops und Lebensmittelgeschäfte gelten in Hessen unterschiedliche Bestimmungen.

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Welche Geschäfte sonntags öffnen dürfen

Das Hessische Ladenöffnungsgesetz (HLöG) gewährleistet den Sonn- und Feiertagsschutz. Es soll zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, wie das Hessische Sozialministerium erklärt. Grundsätzlich dürfen Verkaufsstellen werktags von 0 Uhr bis 24 Uhr öffnen und müssen sonntags schließen. Es gibt aber Sonderöffnungszeiten:

  • Tankstellen, Flughäfen und Bahnhöfe dürfen Lebensmittel als Reisebedarf verkaufen.
  • Kioske dürfen Lebens- und Genussmittel in kleineren Mengen verkaufen.
  • Auch Läden mit Bäcker- und Konditorwaren sowie Hofläden von landwirtschaftlichen Betrieben dürfen sonntags öffnen.
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Eichenzells Bürgermeister Johannes Rothmund (CDU) findet die Gestaltung des Gesetzes fragwürdig. "Da werden Verkaufsformen willkürlich gegeneinander abgegrenzt", sagt er. Das Gesetz benachteilige, wie in diesem Fall, den ländlichen Raum. Seiner Erfahrung nach würden die Menschen solch eine wohnortnahe Versorgung schätzen.

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Reaktionen mit pro und contra

Nach der Berichterstattung des hr bei Instagram bekam Geschäftsführer Stefan Reith viel Zuspruch. Viele Userinnen und User äußerten auch den Wunsch: Wer sonntags sein Geschäft aufmachen wolle, solle das dürfen - vor allem, wenn der Laden inhabergeführt sei. Andere verteidigten aber auch das Gesetz und befürworteten den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

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An dem Sonntags-Verkaufsverbot ist im Fall von Stefan Reith nicht zu rütteln. Das stellt der Landkreis Fulda klar - selbst dann nicht, wenn Reith künftig sonntags nur noch Backwaren anbieten würde. Sein Geschäft sei nicht mit einem Bäcker vergleichbar. Es sei ein Lebensmittelgeschäft, in dem sich auch eine kleine Backwaren-Theke befinde, erklärte eine Sprecherin des Landkreises.

"Behörden haben bestimmt einen Tipp bekommen"

Warum sein Sonntagsverkauf in Eichenzell Rothemann nach all den Jahren plötzlich auffiel, weiß Reith nicht. "Die Behörden haben bestimmt einen Tipp bekommen", vermutet er.

Zudem herrschte in letzter Zeit auch größere Aufmerksamkeit mit Blick auf das Ladenöffnungsgesetz. Für Schlagzeilen sorgte etwa die schon länger bestehende Öffnung der vollautomatisierten Mini-Märkte (Teo) der Handelskette tegut (Fulda) an Sonn- und Feiertagen.

Diese wurde nach einer Gerichtsentscheidung erst verboten. Dann folgte eine lange Diskussion darüber und schließlich stimmte der Landtag für eine Liberalisierung des Gesetzes – und damit für eine Öffnung.

Doch die Mini-Märkte, die ohne Kassenpersonal auskommen, sind nicht mit Reiths XXL-Tante-Emma-Laden vergleichbar. Der beschäftigt schließlich etliche Teilzeitkräfte.

Ideen für eine Umgestaltung

Große Hoffnung hat Reith nicht mehr, dass er Mittel und Wege für einen Sonntagsverkauf findet. Bürgermeister Rothmund äußerte die Idee, dass man womöglich den Laden durch leichte bauliche Umgestaltungen mit Stellwänden zur Teilzeit-Bäckerei verwandeln könne – damit sie den Vorstellungen der Behörden entspreche.

Reith will nichts unversucht lassen und hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Mehr als 600 Unterschriften von Kundinnen und Kunden hat er bereits gesammelt. Die 1.000 will er voll machen und die Sammlung dann im Landtag einreichen. Die Aktion sei ein Denkanstoß. Das umstrittene Ladenöffnungsgesetz sei nicht mehr zeitgemäß, findet er.

Allzu lange will Reith aber ohnehin nicht mehr arbeiten. "Vielleicht drei bis fünf Jahre, wenn ich gesund bleibe", sagt der 65-Jährige. In der Zeit will er auch einen Nachfolger finden, denn "der Laden läuft." Nur sonntags nicht mehr. Den Hinweis "sonntags geöffnet" kann Stefan Reith von seiner Ladentür nun entfernen.

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Quelle: hessenschau.de