Tarifstreit im öffentlichen Dienst Warnstreiks in hessischen Kliniken laufen

Die Warnstreikwelle der Gewerkschaft Verdi trifft am Donnerstag kommunale Krankenhäuser und Pflegeheime. In Hessen sind zahlreiche Einrichtungen betroffen. Am Freitag geht es weiter.

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Hessenweite Klinik-Streiks: Protest in Wiesbaden

Dutzende Menschen mit Warnwesten und Verdi-Fahnen stehen versammelt.
Auch in Wiesbaden wird am Donnerstag demonstriert. Bild © Franco Foraci (hr)
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Seit dem Beginn der Frühschicht am heutigen Donnerstag werden nach Angaben von Verdi viele Krankenhäuser in Hessen bestreikt. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes hatte die Gewerkschaft zu Warnstreiks aufgerufen.

An Arbeitsniederlegungen sowie Kundgebungen in Kassel, Wetzlar, Hanau und Wiesbaden hätten sich insgesamt rund 1.500 Beschäftigte beteiligt, sagte Stefan Röhrhoff, Landesfachbereichsleiter Gesundheit von Verdi. Dabei ging es vorwiegend um das nichtärztliche Personal der Kliniken sowie um Beschäftigte in den Bereichen Technik und Verwaltung. 

Begonnen hatten die Aktionen zum Start der Frühschicht am Morgen. Am Mittag kamen Mitarbeitende der Spätschicht hinzu, der befristete Ausstand sollte bis zu deren Abschluss andauern. Auch am Freitag wird in einigen Kliniken gestreikt, dazu in Kitas und Sozialeinrichtungen.

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Planbare Operationen verschieben sich

In den bestreikten Einrichtungen sei mit Einschränkungen zu rechnen, sagt Verdi. "Aber kein Patient kommt durch unseren Warnstreik zu Schaden", so Stefan Röhrhoff, Landesfachbereichsleiter für Gesundheit, soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft.

Die Gewerkschaft hatte angekündigt, dass sich durch die Aktionen planbare Operationen verschieben. Entsprechende Notdienstvereinbarungen seien mit den Kliniken getroffen worden. Zudem hatte Röhrhoff auf personelle Einschränkungen in den Küchen von Pflegeeinrichtungen und bei Reinigungstätigkeiten hingewiesen. 

Hier wird in Hessen gestreikt

In Hessen sind diese Einrichtungen von dem Warnstreik betroffen:

  • das Klinikum Hanau
  • das Sana Klinikum Offenbach
  • das Klinikum Höchst
  • die Main-Kinzig-Kliniken
  • die Lahn-Dill Kliniken
  • landesweit Vitos Krankenhäuser und Service Betriebe
  • die HSK Wiesbaden
  • die Gesundheit Nordhessen Holding AG
  • Ökomed GmbH in Kassel
  • Reha Zentrum Nordhessen GmbH
  • die Hessenklinik Stadtkrankenhaus Korbach gGmbH
  • das Altenzentrum der Stadt Korbach – Haus am Nordwall gGmbH
  • das Klinikum Darmstadt
  • die Behindertenhilfe Bergstraße
  • das Gesundheits- und Pflegezentrum Rüsselsheim
  • das Kreiskrankenhaus Bergstraße
  • Sankt Vincenz Limburg
  • AWO Wiesbaden

"Sie haben faire Löhne verdient"

Der Tarifstreit betrifft in Hessens Kliniken rund 20.000 Beschäftigte. "Die Krankenhaus-Beschäftigten zeigen mit ihrem Warnstreik, dass es ihnen ernst ist und sie für ihre Forderungen einstehen. Für die verantwortungsvolle und oft auch sehr anstrengende Arbeit haben die Beschäftigten faire Löhne verdient", so Röhrhoff.

Darüber hinaus sei diese Branche besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen. Viele Beschäftigte seien Frauen, die in Teilzeit arbeiten, weil sie Kinder und Angehörige pflegten oder weil sie die Arbeitsverdichtung der letzten Jahre nicht mehr aushalten könnten. "Viele von ihnen beschreiben, dass sie unter dem Kaufkraftverlust leiden und an Lebensmitteln und anderen essenziellen Dingen sparen müssen."

Der täglich spürbare Personalmangel schädige die Gesundheitsversorgung. "Damit nicht noch mehr Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen flüchten und damit Krankenhäuser als Arbeitsplatz attraktiver werden, brauchen sie deutlich bessere Arbeitsbedingungen", teilte Röhrhoff mit.

Das fordert Verdi für die Beschäftigten

Verdi fordert eine Tariferhöhung um acht Prozent, mindestens aber eine Erhöhung der Vergütung von 350 Euro monatlich und höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem fordert die Gewerkschaft drei zusätzliche freie Tage.

Es soll zudem ein "Meine-Zeit-Konto" eingerichtet werden über das Beschäftigte selbst verfügen können. Speziell in Krankenhäusern verlangt Verdi unter anderem bezahlte Pausen in Wechselschicht sowie eine bessere Eingruppierung von Hebammen und eine höhere Vergütung von Praxisanleitern. Im kommunalen Rettungsdienst soll die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 auf 42 Stunden reduziert werden.

Nächste Verhandlungsrunde Mitte März

Die nächste Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern ist für den 14. bis 16. März in Potsdam geplant. Mitte Februar hatte es keine Annäherung gegeben. Verhandelt wird für insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Dazu zählen zahlreiche Berufsgruppen, darunter auch Erzieherinnen und Erzieher, Krankenpfleger, Busfahrerinnen und Feuerwehrleute.

Die Arbeitgeber haben diese Forderungen als nicht finanzierbar zurückgewiesen. Für den Bund sitzt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit am Tisch. Sie hatte bei der vergangenen Runde ernsthafte Verhandlungen versprochen, um eine angemessene Lösung zu finden. Zu den Warnstreiks wollte sich ein Sprecher von Faesers Ministerium nicht äußern.

Arbeitgeberverband: Forderung der Gewerkschaft zu hoch

Der Hauptgeschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbands Hessen, Burkhard Albers, sagte dem hr, die Arbeitgeber hätten kaum finanzielle Spielräume. Gerade viele Kliniken kämpften ums Überleben. Albers erwartet von der am Ende kommender Woche beginnenden Verhandlungsrunde, "dass wir auf die Zielgerade einbiegen". Die Forderung der Gewerkschaft summiere sich auf insgesamt elf Prozent Entgelterhöhung, das sei sicherlich zu viel.

Albers stellte für die kommende Verhandlungsrunde in Aussicht, dass die Arbeitgeber sich auf die Arbeitnehmerseite zubewegen würden. "Die Beschäftigen leisten gute und wertvolle Arbeit, aus meiner Sicht soll es eine Erhöhung geben", sagte Albers. Nur müsse diese finanzierbar sein.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de/Michelle Goddemeier und Franco Foraci; dpa/lhe