Erster Jahrgang schließt ab Pflege-Azubis aus aller Welt werden in Neu-Isenburg ausgebildet
Seit drei Jahren bildet die TalentOrange GmbH Pflegefachkräfte aus dem Ausland für den Einsatz in deutschen Krankenhäusern aus. Der sogenannte Campus ist auch Sprachschule und Wohnheim. Nun hat der erste Jahrgang seine Ausbildung abgeschlossen.
Sieben junge Frauen und zwei junge Männer haben die Prüfung geschafft. Damit ist ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann erfolgreich abgeschlossen.
Auch wenn die neun bei einem Termin im Neu-Isenburger Pflegecampus des in Frankfurt ansässigen Personaldienstleisters TalentOrange um die Wette strahlen: Ein Zuckerschlecken war es nicht. 2.100 Stunden Theorie, 2.500 Stunden Praxis. Und dann ist da ja noch die neue Sprache.
Angefangen mit "null Deutschkenntnissen"
Eine Hürde, die Absolvent Mustafa Sultan zielstrebig genommen hat. "Ich kam nach Deutschland mit null Deutschkenntnissen und habe die Sprache hier gelernt. Danach habe ich mich für die Ausbildung entschieden." Ihm gefalle der Kontakt und die Arbeit mit Menschen. Am Offenbacher Sana-Klinikum, in dem er auch einen Teil seiner Ausbildung absolviert hat, hat er nun eine feste Stelle.
"Ohne Menschen aus anderen Ländern geht es nicht."
Das Krankenhaus bildet selbst Pflegepersonal aus. In den Augen von Pflegedirektor Nils Dehe macht das die Zusammenarbeit mit TalentOrange und den Auszubildenden aus dem Ausland aber nicht weniger wertvoll.
"Das ist natürlich eine Kultur, die sich über mehrere Jahre entwickeln muss im Haus. Dass gesehen wird, gerade auch an der Basis, dass es ohne Menschen aus anderen Ländern nicht geht – ganz egal, ob das internationale Fachkräfte sind oder eben Auszubildende."
Bundesweit fehlen mindestens 35.000 Fachkräfte
Der Bedarf an Pflegekräften ist riesengroß, sagt Tilman Frank, Gründer und Chef von TalentOrange. Das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft schätzt, dass in der Kranken- und Altenpflege bundesweit mindestens 35.000 Fachkräfte fehlen.
Er wolle mit seinem Geschäftsmodell natürlich Geld verdienen, sagt Frank, aber es gehe ihm nicht nur darum. "Wenn man sich anschaut, wie groß der Mangel an Auszubildenden in Deutschland ist, der Mangel an Fachkräften – der Wettbewerb um Fachkräfte ist international riesengroß." Auszubildende aus anderen Ländern zu gewinnen, sei einfach ein "unverzichtbarer Baustein einer lebenswerten Zukunft".
Mietpreise sind große Herausforderung
Die Menschen, die nach Deutschland kommen, müssen natürlich im neuen Land zurechtkommen können. Im Rhein-Main-Gebiet etwa ist es eine große Herausforderung, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Mustafa Sultan, der vor sechseinhalb Jahren aus dem syrischen Aleppo kam und inzwischen Deutscher ist, hat auch das geschafft. "Ich habe eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Maintal. Ein Teil der Miete kommt von mir, der andere Teil von meiner Ehefrau." Dass diese denselben Beruf hat, ist kein Zufall. Die beiden haben sich bei der Ausbildung in Neu-Isenburg kennengelernt.
Bildungszentrum Neu-Isenburg will weiter wachsen
Zum Pflegecampus Neu-Isenburg gehören auch eine Sprachschule für bereits examinierte Pflegekräfte aus dem Ausland und ein Wohnheim mit 28 Zimmern. Tilman Frank würde das Bildungszentrum nach eignen Angaben gern erweitern. Spruchreif sei das noch nicht, aber der Bedarf an den Fachkräften, die dort ausgebildet werden, werde wachsen.
"Wir haben eine Verantwortung, die Versorgung in Deutschland zu sichern, die Versorgung von morgen", sagt Nils Dehe, der Pflegedirektor des Offenbacher Sana-Klinikums. Und das sei "vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen – mehr Menschen, die pflegebedürftig sind und viele, die zeitnah in Rente gehen – eine große Herausforderung".