Nach abgelehntem Bürgerbegehren Eigentümer verkündet Aus für Pfungstädter Brauerei
Produktion und Abfüllung der Pfungstädter Brauerei werden schon Mitte 2023 eingestellt. Damit ist das Aus für den Traditionsbetrieb so gut wie beschlossen – ein Schock für die knapp 70 Mitarbeiter.
Nachdem die Stadtverordneten in Pfungstadt (Darmstadt-Dieburg) am Montagabend ein Bürgerbegehren gegen die Neubebauung des Brauereigeländes abgelehnt haben, ist das Ende der Pfungstädter Traditionsbrauerei offenbar besiegelt.
Der Geschäftsführer der 1831 gegründeten Brauerei, Peter Winter, sagte dem hr am Freitag, dass es am Mittwoch eine entsprechende Betriebsversammlung gegeben habe. Auf dieser Versammlung habe der Eigentümer der Brauerei, der Anlagenbauer Uwe Lauer, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verkündet, dass es mit der Brauerei nach jetzigem Stand nicht mehr weitergehe.
Rückbau von Geräten dauert
Winter sagte weiter, im Januar werde es Gespräche über die Abläufe geben. Produktion und Abfüllung werden ihm zufolge bereits Mitte kommenden Jahres eingestellt, bevor der Pachtvertrag Ende 2023 auslaufen wird. Mitte des Jahres müsse mit dem Rückbau begonnen werden, betonte Winter. Denn es müssten komplexe Geräte demontiert, der Braukessel geleert und gereinigt und auch diverses Leergut verkauft werden.
Für die knapp 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei die Nachricht ein großer Schock gewesen, denn viele arbeiteten schon in dritter oder vierter Generation bei der Pfungstädter Brauerei, so Winkler.
Fristen für Bürgerbegehren nicht eingehalten
Auf der Stadtverordnetenversammlung lehnte die Mehrheit das von einer Initiative angestrebte Bürgerbegehren gegen das Bauleitverfahren zurück – vor allem aus formalen Gründen: Fristen für das Bürgerbegehren waren nicht eingehalten worden. Auch eine von Bürgermeister Patrick Koch (SPD) vorgeschlagene Bürgerbefragung lehnten die Stadtverordneten ab.
Die Brauerei wird seit zwei Jahren vom Anlagenbauer Lauer GmbH aus Seeheim-Jugenheim (Darmstadt-Dieburg) betrieben. Das Gelände gehört der Immobilienfirma Conceptaplan und dem Unternehmer Daniel Hopp, die dort die Wohnanlage "Stadtgärten Pfungstadt" errichten wollen.
Investor macht Druck mit Bebauungsplan
Der Investor will seine Pläne für das Gelände nun schnell vorantreiben. Wie ein Sprecher der Immoblienfirma Conceptaplan am Donnerstag sagte, soll der Bebauungsplan jetzt so schnell es geht auf den Weg gebracht werden. Man freue sich, ein städtebauliches Vorzeigeprojekt umzusetzen. Die ersten der bis zu 550 Wohnungen sollen 2026 bezugsfertig sein.
Die schon vor der Corona-Krise finanziell angeschlagene Pfungstädter Traditionsbrauerei war 2020 in ein Schutzschirmverfahren gegangen, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die Gesellschafter hatten ihre Zustimmung für den Verkauf des Geländes gegeben. Damals wurde noch von einem Brauerei-Neubau an einem anderen Standort gesprochen. Dagegen sagte Winter am Freitag: "Es gibt keinen geeigneten Standort."
Binding-Brauerei in Frankfurt schließt
Pfungstädter ist nicht der einzige Traditionsname, der in Hessen verschwinden könnte. Die Binding-Brauerei in Frankfurt soll geschlossen werden. Produktion und Abfüllung der dort hergestellten Marken sollen verlagert werden. Deutschlands größte private Brauereigruppe, die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe, begründet den Schritt mit drastisch gestiegenen Kosten.
Sendung: hr4, 16.12.2022, 12.30 Uhr
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