Wandregal des Hamburger Designstudios Hausen (li.) und eine Nachahmung.

Minderwertiges Holz und billige Metall-Bügel: Die "Aktion Plagiarius" hat auf der Messe Ambiente in Frankfurt ihren Negativpreis vergeben, diesmal an einen Möbelhändler für einen Wandregal-Nachbau. Auch bei Koziol aus Erbach wurde abgekupfert.

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Negativpreis für besonders dreiste Produktfälschung

Bunte Gläser
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Am dreistesten ein Produkt gefälscht hat nach Meinung des privaten Vereins "Aktion Plagiarius" ein Möbelhändler. Wie die Jury des "Plagiarius 2023" am Freitag auf der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt bekanntgab, vertrieb dieser eine "plumpe Kopie" eines Wandregal-Systems namens Link, das im Original vom Designstudio Hausen aus Hamburg stammt.

Statt zertifiziertem Massivholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft verwendeten die Plagiatoren demnach tropisches Mangoholz niederer Qualität, und die billigen Metall-Bügel waren verzogen. Nach Plagiarius-Angaben hat der Händler nach Bekanntwerden den Verkauf gestoppt und Restbestände vernichtet.

Hochwertiges Glas von Koziol nachgeahmt

Der zweite Preis wurde einem türkischen Unternehmen zuerkannt, das ein hochwertiges Glas des Kunststoff-Designhauses Koziol aus Erbach nachgeahmt hatte. Im vergangenen Jahr hatte ein ebenfalls bei Koziol abgekupfertes Besteck-Set den Produktfälscher-Schmähpreis erhalten.

"Plagiarius" will auf Unrecht aufmerksam machen

Den dritten Preis erhielt wiederum ein deutsches Unternehmen für die Fälschung eines Fahrzeugdiagnosesystems der Mercedes Benz-Gruppe. Wegen Verletzung der Marke, des "Mercedes-Sterns" und der für Diagnosesoftware geschützten Marke "Xentry" habe es eine zivilrechtliche Verurteilung des Landgerichts Stuttgart gegeben. Zusätzlich sei ein Strafverfahren eröffnet worden, hieß es.

Eine Skulptur eines Zwerges in schwarz mit einer goldenen Nase. Die Skulptur steht auf einem Podest, auf welchem "Plagiarius" geschrieben steht.

Die Trophäen - ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase - machten auf ein Unrecht aufmerksam, sprächen aber kein Recht, sagte die zweite Vorsitzende der Aktion, Aliki Busse. Ziel sei es, die fragwürdigen Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Industrie, Politik und Verbraucher für die Problematik zu sensibilisieren.

Influencer werben für gefälschte Produkte

Auch im Internet werde verstärkt für gefälschte Produkte geworben, warnte Busse bei der Preisverleihung. Besorgniserregend sei, dass so genannte "Dupe Influencer" in Videos auf Instagram, YouTube und TikTok ihren meist jungen Followern gefälschte Designer- und Luxuswaren anpriesen.

Das sei respektlos gegenüber Marken und den hinter Qualitätsprodukten stehenden Entwicklungsleistungen, sagte Busse. "Sie legitimieren selbstherrlich den Verkauf rechtsverletzender Artikel und verharmlosen den Kauf als cool und akzeptabel."

Jeder dritte jugendliche Europäer kaufte schon Nachahmung

In der Folge steige die soziale Akzeptanz von Fälschungen und es entstehe eine Gleichgültigkeit gegenüber den wirtschaftlichen Schäden, die bei Herstellern und Designern der nachgemachten Produkte entstehen. Mehr als jeder dritte jugendliche Europäer zwischen 15 und 24 Jahren habe schon mal vorsätzlich gefälschte Produkte wie Gucci-Caps und nachgemachte Rolex-Uhren gekauft.

Die Aktion kämpft seit 1977 gegen Produktpiraten mit ihren weltweiten Milliardenumsätzen. Oftmals stammen die Hinweise auf Plagiate von den Original-Herstellern, die mit der Vergabe des Schmähpreises einverstanden sein müssen.

Zoll-Razzien auf der Messe

Auf der Konsumgütermesse Ambiente finden regelmäßig Zoll-Razzien statt, bei denen die Inhaber der Original-Rechte nachgemachte Produkte beschlagnahmen lassen. Das Internet hat allerdings weit komplexere und direkte Vertriebswege ermöglicht. Die Ausprägungen digitaler Markenverletzungen würden immer vielfältiger, kritisierte der Verein. "Von klassischen Plagiaten, Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen über Domainklau und Markenmissbrauch bis hin zu komplettem Identitätsdiebstahl und Fake-Shops." Dagegen brauche es digitale Schutzstrategien.

Die Messe begann am Freitag mit der ersten Ausgabe nach der Corona-Pandemie. 4.561 Aussteller aus 160 Ländern zeigen bis Dienstag ihre Trends fürs Wohnen, Essen, Trinken, Kochen und Schenken. Sie wurde erstmals mit den einst eigenständigen Messen Christmasworld und Creativeworld zusammengelegt. Für die zusammengelegte Konsumgüterschau rechnet die Messe mit mehr als 100.000 Fachbesuchern. Sie ist die größte Konsumgüterschau, die in Frankfurt je stattgefunden hat.

Unter anderem wegen des geringeren Besuchs aus China gehen die Veranstalter aber von kleineren Zahlen beim Fachpublikum aus. Zum Messeauftakt herrschte in den Gängen aber reger Betrieb.

Neue Messehalle und reger Betrieb

Die Messegesellschaft feierte die Eröffnung der neuen Halle 5, mit der die Brutto-Ausstellungsfläche des innenstadtnahen Geländes auf fast 353.000 Quadratmeter angewachsen ist. "Diese Investition stärkt den Messestandort Frankfurt nachhaltig", erklärte die Aufsichtsratsvorsitzende Stephanie Wüst.

Die Veranstaltung zeige eindrucksvoll, welche Möglichkeiten das Gelände mit der neuen Halle biete. Die Eigentümer Frankfurt und Hessen hatten die Messe in der Corona-Krise mit millionenschweren Darlehen und Eigenkapital gestützt.

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