Rechenzentrum statt Segmüller Bad Vilbel zahlt 16 Millionen Euro Entschädigung an Möbelhaus
Daten statt Deko: Ein seit Jahren stark umstrittenes Möbelhaus in Bad Vilbel wird doch nicht gebaut. Stattdessen ist auf der Fläche nun ein großes Rechenzentrum im Gespräch. Allerdings kostet das die Stadt zunächst Millionen.
Seit 13 Jahren sorgt das Projekt in Bad Vilbel (Wetterau) und Umgebung für Streit: Eine Gewerbefläche am Stadtrand wurde damals an die Möbelhaus-Kette Segmüller verkauft, die dort eine große Filiale bauen wollte: 45.000 Quadratmeter Verkaufsfläche waren geplant, bis zu 28 Meter hoch sollte der Bau werden.
Sowohl in Bad Vibel als auch in den Nachbarkommunen gab es allerdings Gegenwind. Die Befürchtung: negative Folgen für den lokalen Einzelhandel und den Verkehr. Um das Möbelhaus zu verhindern, zog die Nachbarstadt Bad Homburg sogar vor Gericht. Zuletzt wurde die Klage aber im März vom Gießener Verwaltungsgericht abgewiesen.
Nun steht überraschend fest: Segmüller kommt doch nicht nach Bad Vilbel. Sattdessen ist auf der Fläche ein großes Rechenzentrum im Gespräch.
Bad Vilbel zahlt 16 Millionen im Vergleich
Wie diese Woche in der Stadtverordnetenversammlung bekannt gegeben wurde, haben sich Stadt und Segmüller darauf geeinigt, das Projekt aufzugeben. Weil das Grundstück aber bereits verkauft wurde, zahlt die Stadt rund 16 Millionen Euro an die Möbelhaus-Kette, um wieder darüber verfügen zu dürfen.
Segmüller hätte laut Kaufvertrag 25 Millionen Euro für die Fläche zahlen sollen. Bisher hatte das Unternehmen aber nur rund zehn Prozent angezahlt.
Neue Perspektiven statt Planungsunsicherheit
Grund für die Entscheidung waren laut Stadt die vielen Gerichtsverfahren rund um das Vorhaben. Dies habe zu einer großen Planungsunsicherheit für die Stadtentwicklung geführt.
Bürgermeister Sebastian Wysocki (CDU) sagte außerdem: Es hätten sich nun "neue Perspektiven" für die Entwicklung des Gebiets aufgetan, die man "intensiv voranbringen" wolle.
Stadt hofft auf schnellen Verkauf
Konkret im Gespräch ist derzeit ein großes Rechenzentrum. Für die Fläche gibt es offenbar auch schon einen Interessenten. Wie der städtische Liegenschaftsdezernent Klaus Minkel (CDU) gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärte, hofft die Stadt, den neuerlichen Verkauf schon im kommenden Jahr abzuwickeln.
Gezahlt werden soll laut Minkel ein Preis über dem aktuellen Bodenrichtwert, also mehr 38 Millionen Euro. Davon könnten dann auch die 16 Millionen Euro "abgelöst" werden.
Wäre bereist zweites Rechenzentrums-Projekt in Bad Vilbel
Für Bad Vilbel wäre das schon das zweite große Rechenzentrum-Projekt innerhalb kurzer Zeit. Erst im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass im Ortsteil Massenheim ein Rechenzentrum mit rund 10.000 Quadratmetern Fläche gebaut werden soll.
Der Bauantrag wurde von der Data Center Group inzwischen gestellt und die Stadt Bad Vilbel hat den Bebauungsplan bereits entsprechend angepasst. Die bisherige Segmüller-Fläche liegt nur knapp 500 Meter Luftlinie davon entfernt. Sie ist allerdings noch deutlich größer. Wer sich dafür interessiert, ist bisher nicht bekannt. Für den Bau eines Rechenzentrums müsste allerdings auch hier zunächst der Bebauungsplan geändert werden.
Ortsvorsteherin sieht Rechenzentrum positiv
Im Ortsteil Massenheim sieht man diese Entwicklung grundsätzlich positiv, wie Ortsvorsteherin Irene Utter (CDU) auf hr-Nachfrage mitteilte: "Durch ein Rechenzentrum wird deutlich weniger Verkehr zu erwarten sein als bei einem Möbelhaus dieser Größenordnung."
Es gebe in Massenheim auch keine Vorbehalte gegen das Rechenzentrum, so Utter. Sie sieht darin außerdem einen Baustein für eine mögliche Nahwärmeversorgung.
Grüne: "Lieber Rechenzentrum als Möbelhaus"
Auch die Grünen-Fraktion im Stadtparlament befürwortet die Entscheidung. Bezahlbaren Wohnraum zu bauen fände man zwar besser, so der grüne Stadtverordnete Jens Matthias. "Aber die Fläche ist nun mal als Gewerbefläche ausgeschrieben und dann sagen wir: lieber ein Rechenzentrum als ein Möbelhaus." Die Grünen hatten das Segmüller-Projekt in den vergangenen Jahren besonders stark kritisiert.
"Auch wenn sich dadurch zeigt, dass das in den letzten Jahren der falsche Ansatz war, müssen wir jetzt nach vorne gucken", so Matthias. Man stehe deshalb hinter der "Rechenzentrum-Strategie" der Stadt. Rechenleistung werde nun mal gebraucht. Zudem hoffe man, dass die Abwärme mitgenutzt werden könne, etwa für Schulen oder Wohnhäuser.
Sendung: hr-iNFO, 14.12.23, 10 Uhr
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