Wird ein ganzer Berufszweig überflüssig? Immer mehr Hessen kassieren sich selbst ab

In Hessen stellen immer mehr Unternehmen und Geschäfte Selbstbedienungskassen auf. Sie übertragen damit zusätzliche Aufgaben an ihre Kunden. Gewerkschafter sorgen sich um Arbeitsplätze.

Ein Mann steht zwischen den Kassen einer dm-Markt-Filiale
Miles Grimmer, Filialleiter einer dm-Markt-Filiale in Frankfurt Bockenheim, steht im Kassenbereich seines Marktes. Bild © hr
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In einer Filiale der Drogeriemarktkette dm im Frankfurter Stadtteil Bockenheim gibt es an den drei Selbstbedienungskassen großen Andrang. Vor einer dieser Kassen steht Petra Koke. Die 61-jährige Frankfurterin hat ein paar Kosmetikartikel in der Hand, einen nach dem anderen hält sie an einen Scanner, bis dieser piept. Bezahlt wird mit dem Handy oder mit Karte. "In ein paar Sekunden ist der Einkauf erledigt", stellt die Kundin fest. "Ich bin froh, dass es das System gibt."

An der Kasse nebenan bezahlt die 25-jährige Studentin Elena Wölfert genauso schnell ihre Sportriegel. "Das ist eine enorme Zeitersparnis."

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Immer mehr SB-Kassen in hessischen Geschäften

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Städter lieben das schnelle Einkaufen

In den vergangenen Jahren haben sich die Selbstbedienungskassen in Hessen etabliert: Seit 2022 hat allein dm 45 Filialen damit ausgestattet, vor allem in Frankfurt und Umgebung. Bei der Supermarktkette Rewe stehen die Kassen in 95 Filialen, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, gefolgt vom Landkreis Marburg-Biedenkopf, dem Landkreis Gießen und dem Vogelsbergkreis.

Vor allem in den Städten würden sich Verbraucher über die Kassen freuen, damit sie ihren Einkauf schneller bezahlen könnten und nicht warten müssten, heißt es auf eine hr-Anfrage von Rewe schriftlich.

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Ikea hat Selbstbedienungskassen seit 2008

Als Pionier in Sachen Selbstbedienungskassen bezeichnet sich der schwedische Möbelkonzern Ikea mit Deutschlandsitz in Hofheim-Wallau. 2008 habe man die Kassen eingeführt und mittlerweile alle fünf hessischen Einrichtungshäuser damit ausgerüstet.

Die Kunden würden ihre Einkäufe gern an diesen Kassen bezahlen, unabhängig von Alter oder Geschlecht. "Denn der Ablauf ist unkompliziert und es stehen Mitarbeiter für Rückfragen zur Verfügung", heißt es von Ikea.

Anpacken - sogar bei der Diebstahlsicherung

Manche Unternehmen setzen sogar ausschließlich auf Selbstbedienungskassen und verzichten ganz auf Kassen mit Personal, wie etwa die Modekette Bershka in ihrer Filiale auf der Frankfurter Zeil. "Wir haben die Kleidungsstücke nur in eine Box gelegt, dann hat die Kasse sie automatisch erkannt", sagt Kundin Monika Holzmann.

Nach dem Bezahlen hätte sie auch die Diebstahlsicherung selbst entfernt. "Also im Prinzip machen wir da die Arbeit des Unternehmens."

Dieses will sich zu seinen Kassen nach eigenen Angaben nicht äußern.

Der Kunde kontrolliert sich selbst

Auch in vielen Supermärkten wie etwa bei einem Edeka in Darmstadt übernehmen Kunden zusätzliche Aufgaben, wenn sie an den Selbstbedienungskassen zahlen. Die sind meist mit einer Kontrollwaage ausgestattet, mit der Verbraucher ihren Einkauf wiegen sollen.

"Die Anzahl der gescannten Produkte und deren Gewicht müssen zusammenpassen", erklärt der Marktleiter Ronny Haubenreißer. "Damit vermeiden wir unbeabsichtigte Fehler, aber auch Diebstähle." So hätten zwar immer noch Mitarbeiter ein Auge auf die Kunden und würden sie beim Bezahlvorgang unterstützen. Aber durch die Gewichtskontrolle würde man ihnen weitgehend vertrauen.

Weniger Kontrolle, mehr Diebstahl?

Zwar würde in Hessen immer mehr geklaut, aber diese Fälle könne man nicht automatisch auf Selbstbedienungskassen zurückführen, so die Einschätzung des Handelsverbands Hessen.

Ikea und Rewe beispielsweise bestätigen, seit der Einführung dieser Kassen würden nicht mehr Kunden betrügen, als vorher. Sie würden die Artikel in ihrem Einkaufswagen in der Regel sehr korrekt und genau scannen.

Verdi befürchtet Jobverluste

Umstritten ist, ob durch die Selbstbedienungskassen Arbeitsplätze in Gefahr sind. "Wir befürchten, dass durch die zunehmende Automatisierung weniger Kassierer und Kassiererinnen gebraucht werden", sagt Mario Lombisani, Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Handel bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Der Handelsverband Hessen dagegen begrüßt die Kassen in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Dass dadurch Jobs wegfallen, glaubt Hauptgeschäftsführer Sven Rohde nicht. "Vielmehr dürften die Kassenkräfte künftig zum Beispiel häufiger die Kunden beraten."

Personal mit anderen Aufgaben betraut

So ist es auch in der dm-Filiale im Frankfurter Stadtteil Bockenheim. Dort sind die Selbstbedienungskassen dieses Jahr aufgestellt worden, berichtet Filialleiter Miles Grimmer. Von den insgesamt 36 Mitarbeitern sei bisher niemand dadurch ersetzt worden. "Ich spare kein Personal", betont Grimmer. "Aber ich kann es anders einsetzen."

Zum Beispiel biete die Drogerie immer mehr zusätzlichen Service, von Passbildern bis zum Verleih von Teppichreinigungsgeräten. "Darum muss sich ja auch jemand kümmern", sagt der Filialleiter.

Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de

Ihre Kommentare Selbstbedienungskassen - nervig oder praktisch?

110 Kommentare

  • Der in vielen Kommentaren genannte kurze Plausch ist mir bisher entgangen. Es sei denn "Bar oder Karte?", "Vielen Dank" oder "Auf Wiedersehen" wird als Kommunikation betrachtet. Das Kassenpersonal bei Aldi, Lidl oder Rewe steht unter Zeitdruck.

  • Ich wünsche mir eine Kasse nur für Barzahler.

  • Ich fühle mich an diesen Kassen unsicher und meide sie.
    Darüber hinaus finde ich es sympathisch, wenn man an der Kasse auch mal freundliche Worte tauschen kann.
    Ich denke, am Ende läuft es auf Personaleinsparung hinaus.

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