Pilotprojekt KIRA Selbstfahrende E-Taxis: Das Zukunftsprojekt steckt fest

Bisher kennt man es nur aus Science-Fiction-Filmen: Autonome Fahrzeuge rollen durch die Stadt, ohne Fahrer hinter dem Steuer. In Darmstadt und im Kreis Offenbach sollte die Vision der selbstfahrenden Taxis bald Realität werden. Doch dieser Traum ist erstmal geplatzt.

Das selbstfahrende Taxi von Mobileye
Das selbstfahrende Taxi von Mobileye Bild © mobileye
  • Link kopiert!
Audiobeitrag
Bild © mobileye| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Das Fahrzeug der Zukunft gibt es eigentlich schon, vor einem Jahr wurde es stolz in Frankfurt präsentiert: ein weißer SUV mit Elektroantrieb, vom chinesischen Hersteller Nio. Auf dem Dach ist ein auffälliges schwarzes Kunststoffgehäuse befestigt, mit Kameras, die in alle Richtungen blicken.

Dank der Kameras und Sensoren soll das Fahrzeug autonom im Straßenverkehr mitrollen, erklärte damals Johann Jungwirth vom Entwickler Mobileye, eine Tochterfirma von Chiphersteller Intel: "Wir haben elf Kameras mit Rundumsicht. Sieben davon sind hochauflösend. Die Radar-Sensoren sind hinter den Stoßfängern vorne und hinten, die sieht man nicht von außen."

Zudem gebe es noch Laser-Sensoren, so Jungwirth. Das alles seien sozusagen die Augen und Ohren des Fahrzeugs. Auch ein Mikrofon sei an Bord, um zum Beispiel die Sirenen von Einsatzfahrzeugen zu erkennen.

 Start verzögert sich wegen Insolvenz

In Darmstadt und im Kreis Offenbach sollten die weißen autonomen Shuttles eigentlich ab Mai zum Einsatz kommen: Am Anfang noch mit einem Sicherheitsfahrer am Steuer, der im Notfall eingreifen kann, falls die Technik versagt. Im nächsten Schritt sollten die autonomen Shuttles dann ohne menschliche Absicherung durch den Stadtverkehr rollen – und Fahrgäste befördern. Das Projekt heißt KIRA. Das Kürzel steht für den "KI-basierten Regelbetrieb autonom fahrender On-Demand-Verkehre".

Doch aus den hochfliegenden Plänen wird erst mal nichts. Knut Ringat, der RMV-Geschäftsführer, sagt: "Leider verzögert sich der Start. Ein Grund ist die Insolvenz des Projektpartners Clevershuttle, wegen der die Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes noch nicht eingeholt werden konnte."

In Bad Soden-Salmünster (Main-Kinzig) gab es bereits einen Test mit solchen Fahrzeugen, im Frankfurter Stadtteil Riederwald läuft er noch. Allerdings rollen die Kleinbusse im Projekt "Easy" bisher nur im Schritttempo und sind nicht komplett autonom.

Autonom fahrender Bus in Bad Soden-Salmünster: Pilotprojekt des RMV
Easy-Bus in Bad Soden-Salmünster: Pilotprojekt des RMV im öffentlichen Raum Bild © picture-alliance/dpa

 Rufsystem und autonomes Fahren werden zusammengeführt

Der Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV und die Bahn wollten 15 Fahrzeuge als Anruf-Taxis einsetzen, die mit normalem Tempo am Straßenverkehr teilnehmen. Für das, was in Darmstadt und im Kreis Offenbach geplant ist, braucht es eine Betriebserlaubnis der Behörde. Der entsprechende Antrag wurde offenbar noch nicht gestellt. Clevershuttle musste vor einem Monat Insolvenz anmelden. Der größte Anteilseigner war abgesprungen: die Deutsche Bahn.

Die Bahn bastelt mit dem RMV seit Jahren gemeinsam am Öffentlichen Personennahverkehr der Zukunft. Auch mit On-Demand-Projekten von Anbietern wie Clevershuttle. Da werden Kleinbusse per App oder telefonisch bestellt – wann und wo sie gebraucht werden. Das klappt vielerorts schon ganz gut.

Im südhessischen Pilotprojekt KIRA sollten Rufsystem und autonomes Fahren zusammengeführt werden. Nun stellt sich heraus: Das wird wohl noch etliche Jahre dauern. Laut RMV-Chef Ringat "wird der generelle Einsatz fahrerlosen Fahrens mit On-Demand-Verkehr im RMV nicht vor 2030, 2032 in die Planung aufgenommen werden können".

 Zukunftsprojekt wird mit sieben Millionen gefördert

Der ursprüngliche Zeitplan war sehr viel ehrgeiziger. Von einer zweijährigen "Test- und Implementierungsphase" war die Rede. Noch im Februar wurde Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit den Worten zitiert: "Das ist keine Science-Fiction, sondern bereits ab kommendem Jahr Teil des regulären ÖPNV-Angebots in unserem Land."

Davon kann kein Rede mehr sein. Der Druck auf die KIRA-Projektpartner ist entsprechend groß. Der Bund und das Land Hessen fördern das südhessische Zukunftsprojekt mit insgesamt fast sieben Millionen Euro. Angekündigt war nichts Geringeres als eine "Weltpremiere".  Zeitungen schrieben von einer Revolution des ÖPNV.

Nun resümiert Claudia Jäger, die Verkehrsdezernentin des zusammen mit Darmstadt als Versuchsgebiete auserkorenen Kreises Offenbach: "Das Projekt liegt im Moment auf Eis. Ich kenne keine Details. Wir sind enttäuscht über den Lauf der Dinge. Wir hätten erwartet, dass es läuft, dass die Wissenschaft so weit ist, dass Anträge gestellt werden."

Pilotprojekt erstmal mit Menschen am Steuer

Gleichwohl ist die CDU-Politikerin optimistisch, dass das Pilotprojekt am Ende "doch gewuppt werden kann". Wann genau, das kann oder will im Moment keiner der beteiligten Partner sagen. Eines aber scheint festzustehen: Im Pilotprojekt KIRA sollen nun zur Absicherung durchgehend Menschen am Steuer sitzen – nicht nur in der ersten Testphase, wo das sowieso geplant war. Der Traum vom vollständig autonom fahrenden Shuttle, das bald Fahrgäste befördert, ist erst mal geplatzt.

Weitere Informationen

Sendung: hr4, 5.6.2023,15:30 Uhr

Ende der weiteren Informationen

Quelle: hessenschau.de/Susanne Mayer