Serielles Sanieren Eine neue Hülle ums Haus für den "Energiesprong"
Der Gebäudesektor verursacht hohe CO2-Emissionen - die unter anderem durch Sanierungen sinken könnten. Fachkräftemangel, hohe Kosten und monatelange Störungen für Mieter erschweren solche Vorhaben normalerweise. In Wiesbaden soll das Verfahren "Serielles Sanieren" nun zeigen, wie es anders geht.
Wohnblocks wie der im Wiesbadener Stadtteil Biebrich stehen überall im Land: Jahrgang 1972, 32 Mietwohnungen auf rund 2.000 Quadratmetern, vier Stockwerke. Das Problem: "Das Gebäude ist nicht mehr up to date", sagt Alexander Gold von der Wiesbadener Wohnungsbaugesellschaft (GWW), und bezieht sich damit vor allem auf den hohen Energieverbrauch des Wohnblocks.
Deshalb wird hier in Biebrich saniert: Von außen soll das Gebäude innerhalb von sechs Wochen eine neue Hülle bekommen, eine besser gedämmte Fassade samt neuer Fenster und Rolläden.
Währenddessen bleiben die Mieterinnen und Mieter im Inneren wohnen und sollen möglichst wenig davon mitbekommen, wie ihr Gebäude den Energiebedarf um rund drei Viertel senken soll. Das Prinzip, nach dem hier gearbeitet wird, nennt sich "serielles Sanieren", ist noch kaum verbreitet in Deutschland und soll mehrere Vorteile bringen.
Mieterfreundlich dank Robotik?
Zwar wurden Bäume vor den Häusern gefällt, um Platz für die Hebebühnen und Kräne zu machen. Dennoch betont Projektleiterin und Architektin Dafni Skyrgianni: "Es ist kaum Staub da, wenig Lärm, wir arbeiten mit Arbeitsbühnen und brauchen nicht mal ein Gerüst." Insgesamt würden die Mieter viel weniger als üblich bei Sanierungen gestört.
Emanuel Heisenberg, der am Dienstagmorgen ebenfalls zur Wiesbadener Baustelle gekommen ist, erklärt: Was in den Niederlanden als "Energiesprong" schon seit Längerem angewandt werde, habe er als erster Entwickler nach Deutschland gebracht.

Die Fassadenelemente, die nun über Heisenbergs und Skyrgiannis Köpfen an Kränen schweben, sind demnach in Heisenbergs Fabrik in Schlüchtern vorgefertigt worden. Etwa ein Jahr lang habe der digitale Entwurf und die Fertigung durch Roboter gedauert - doch in dieser Zeit habe es keine Störungen für die Mieterinnen und Mieter gegeben, betont er.
Geringere Bauzeit und CO2-Einsparungen
Der Wohnblock gehört der Wiesbadener Wohnbaugesellschaft (GWW), die sich hier zum ersten Mal für serielles Sanieren entschieden hat. Statt einer Sanierungsphase von rund einem Jahr bei der konventionellen Sanierung könne der Wohnblock in rund sechs Monaten vollständig saniert sein - inklusive neu installierter Photovoltaik-Anlagen und Umstellung auf Wärmepumpen, heißt es von der GWW.
Auch aus diesem Grund wirbt das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum für serielles Sanieren: Der Ansatz sei durch die geringere Bauzeit und die danach sinkenden Heizkosten nicht nur mieterfreundlich, sondern sei auch ein Weg, im Gebäudesektor C02-Emissionen zu senken.
Das sei unbedingt nötig, um das selbstgesteckte Ziel der Klimaneutralität in Hessen 2045 zu erreichen, betont Ines Fröhlich (SPD), Staatssekretärin des Ministeriums bei der Baustellenbesichtigung.
Wohnbaugesellschaft skeptisch: "Verfahren sehr teuer"
Auch das Problem des Fachkräftemangels im Baubereich könne man durch die Arbeit mit Robotern in der Fabrik "etwas mehr in den Griff kriegen", sagt Fröhlich. Weil man so viele Vorteile im seriellen Sanieren sehe, habe man die hessische Landes-Energie-Agentur beauftragt, ein Netzwerk einzurichten und Wohnungsbaugesellschaften zu beraten, um das Konzept weiter voran zu bringen.
Ist serielles Sanieren also die Zukunft? Alexander Gold von der GWW ist noch skeptisch: "Serielles Sanieren ist im Moment noch sehr teuer". Rund 15 Prozent koste dieser Weg mehr als der Konventionelle. Ein spezielles Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für serielles Sanieren gleiche diese Zusatzkosten in etwa aus - ohne die Förderung könne sich die GWW diese Art der Sanierung momentan aber nicht leisten.
Eine besondere Förderung für serielles Sanieren vom Land gibt es nicht, allerdings können laut dem Wirtschaftsministerium Zuschüsse durch das Programm "Energieeffizienz im Mietwohnungsbau", das energetische Sanierung insgesamt unterstützt, beantragt werden - zusätzlich zur KfW-Förderung.