Wertvoller Rohstoff für Batterien So wird klimaneutrales Lithium in Hessen gewonnen
E-Autos sollen die Umwelt schonen. Der Abbau vieler Rohstoffe, die für die Batterien benötigt werden, ist zum Teil aber enorm umweltschädlich. In einer Anlage in Frankfurt-Höchst soll sich das ändern und das erste CO2-neutral-abgebaute Lithium gewonnen werden.
Noch kann man von dem zukunftsweisenden Projekt in Frankfurt-Höchst nicht viel erkennen. Stählerne Pfeiler, auf denen eine Dachplatte thront, ragen in den Himmel. Außenmauern gibt es noch nicht und so zeigt es sich, wie bei einem Gerippe, das Innere des Baus, in dem in Zukunft das erste klimaneutral geförderte Lithium der Welt produziert werden soll.
Am Dienstag wurde das Richtfest der Pilotanlage gefeiert. Stolz ist man auf das, was schon entstanden ist, sagt CEO Cris Moreno von Vulcan Energy: "Diese Anlage ist ein sehr wichtiger Schritt. Wir schaffen hier etwas von großer Bedeutung."
Lithium-Abbau mit Problemen verbunden
Die Anlage soll ein Schritt auf dem Weg Richtung kommerzieller, aber grüner Produktion von Lithium sein. Der Rohstoff ist derzeit unentbehrlich für die Produktion von E-Auto-Batterien. Bislang stellt der Abbau der Ressource aber ein großes Problem dar.
Denn vorwiegend kommt Lithium vor allem aus Australien, Chile oder China. Dort wird der Rohstoff in aufwendigen Verfahren in Bergwerken oder Salzseen gefördert, wobei große Mengen Wasser verbraucht werden. Dadurch sinkt unter anderem der Grundwasserspiegel – in einer sowieso schon sehr kargen Gegend. Und auch der Transport verursacht hohe CO2-Emissionen.
Lithiumvorkommen bis nach Hessen
In Höchst will man einen anderen Weg gehen und klimafreundlich gefördertes Lithium verarbeiten. "Wir brauchen Lithium nicht mehr zu importieren, denn es liegt genau unter unseren Füßen", erklärt Moreno.
Um genau zu sein, unterhalb des Oberrheingrabens zwischen Frankfurt und dem Alpenvorland. Hier liegt Europas größtes Lithiumvorkommen.
In drei bis vier Kilometern Tiefe schlummert das wertvolle Gut in Thermalwasservorkommen in Sandstein. Durch Brunnen wird das 160 Grad heiße Wasser aus dem Sand nach oben gepumpt. In ihm stecken etwa 180 Milligramm Lithium pro Liter, erklärt Horst Kreuter. Der Geologe ist Managing Director von Vulcan Energy und hat die Firma 2018 mitgegründet.
Lithium, Fernwärme und Strom aus der Region
Das Lithium wird über einen Filter aus dem heißen Wasser herausgelöst und das Wasser danach wieder zurück in den Boden geführt. Die Abwärme des heißen Thermalwassers, das nach oben gefördert wird, soll wiederum dazu genutzt werden, um mit einer Turbine Fernwärme und Strom herzustellen.
"Es ist quasi ein Kreislauf. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen gefördert wird, geben wir alles wieder zurück in den Boden. Es gibt somit eigentlich keinen Abfall oder Schwund", sagt CEO Moreno.
Matthias Buchert, Leiter des Bereiches Ressourcen und Mobilität beim Öko-Institut in Darmstadt, findet den Ansatz interessant, fügt aber hinzu: "Vorausgesetzt, der Ansatz wird großtechnisch so umgesetzt, sprich ich kann in großem Stil Lithiumhydroxid, -hydrat oder andere Lithiumverbindungen gewinnen und gleichzeitig Strom und oder Wärme aus der Geothermie erzeugen. In der Summe wäre das dann schon ein sehr attraktives Paket."
Opel-Mutter Stellantis sichert Abnahme zu
In einer Anlage im rheinland-pfälzischen Landau wird bereits an der Extrahierung des ersten Lithiumchlorid gearbeitet, das aus dem Thermalwasser gewonnen wird. Jetzt konnte das Unternehmen einen Erfolg verbuchen und über 90 Prozent Lithiumchlorid herauslösen, teilte es am Donnerstag mit.
Im Mai soll es in Tanks in Höchst angeliefert und im Juli dort zu batteriefertigem Lithiumhydroxidmonohydrat weiterverarbeitet werden. Vorerst aber nur als Pilotprojekt. Wenn die Produktion funktioniert, sollen in Landau und in Höchst größere Anlagen entstehen, um in die kommerzielle Produktion zu gehen. Dafür wurde schon ein weiteres Grundstück im Industriepark gesichert.
Abnehmer aus der Auto- und Batterieindustrie gibt es auch schon: Stellantis, Volkswagen, Renault, Umicore und LG haben zugesagt. 2026 möchte man in die kommerzielle Produktion einsteigen und dann in der ersten Phase 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid herstellen. Das reiche für 500.000 Automobilbatterien, so Managing Director Kreuter.
Auch in Frankfurt Lithium-Förderung aus Brunnen
Bisher betreibt die Firma vier Brunnen in der Region des Oberheingrabens und plant 24 weitere Brunnen. Zwei sind laut Cris Moreno auch in Frankfurt angedacht. Aktuell findet unter anderem eine Forschungsbohrung des Landes Hessen sowie der Stadt Frankfurt auf dem Gelände des Rebstockbades statt, erklärt Benjamin Homuth vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Beteiligt sind mehrere Kooperationspartner, darunter auch Vulcan Energy.
Droht bei dem Verfahren die Gefahr von Erdbeben?
"Zunächst kann ich bestätigen, dass es für das Thema Erdbeben irrelevant ist, ob eine Lithiumextraktion stattfindet oder nicht. Hier ist die Förderung und die Zurückführung von Thermalwasser der ausschlaggebende Faktor. Ob an der Oberfläche dann noch zusätzlich Lithium extrahiert wird oder nicht, hat keinen Einfluss nach aktuellem wissenschaftlichen Stand", erklärt Benjamin Homuth vom Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
Bei Tiefbohrungen sei die Möglichkeit einer induzierten Seismizität - also eines durch menschliche Aktivität verursachten Erdbebens - generell gegeben. Besonders dann, wenn man die geothermischen Reservoirs und Zielareale der Bohrung nicht genau kenne. Deshalb müsse vor jedem Projekt anhand von Gutachten die seismische Gefährdung im Vorhinein betrachtet werden und falls die Gefahr von induzierten Erdbeben besteht und diese eine Einwirkung auf die Oberfläche haben könnten, in der Regel ein Überwachungs- und Reaktionssystem eingerichtet werden.
"Wir öffnen in diesem Sinne keinen Hohlraum. Dort, wo wir fördern, ist eine Sandschicht und die nimmt den größten Raum ein. Das Wasser, das wir dem Sand entziehen, ist nur ein ganz geringer Teil“, sagt Vulcan CEO Cris Moreno. Natürlich müsse man eine Balance halten, weil es einen ständigen Austausch zwischen Wasserentnahme und Rückgabe gibt.
Ein Risiko von Erbeben könne es zwar geben, aber das passiere häufig zu Anfang einer Inbetriebnahme eines Brunnens, wenn man zum Beispiel zu schnell Wasser entnehme. "Wir haben so etwas wie ein Ampelwarnsystem, das uns darauf hinweist, wenn wir zu schnell fördern würden und eine leichte Erschütterung auslösen würden. Wir haben diesen Fall aber noch nicht gehabt", führt Moreno weiter aus.
Geologe: Bei Tiefbohrung Möglichkeit induzierter Seismizität
"Zunächst kann ich bestätigen, dass es für das Thema Erdbeben irrelevant ist, ob eine Lithiumextraktion stattfindet oder nicht. Hier ist die Förderung und die Zurückführung von Thermalwasser der ausschlaggebende Faktor. Ob an der Oberfläche dann noch zusätzlich Lithium extrahiert wird oder nicht, hat keinen Einfluss nach aktuellem wissenschaftlichen Stand", erklärt Benjamin Homuth vom Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
Bei Tiefbohrungen sei die Möglichkeit einer induzierten Seismizität - also eines durch menschliche Aktivität verursachten Erdbebens - generell gegeben. Besonders dann, wenn man die geothermischen Reservoirs und Zielareale der Bohrung nicht genau kenne. Deshalb müsse vor jedem Projekt anhand von Gutachten die seismische Gefährdung im Vorhinein betrachtet werden und falls die Gefahr von induzierten Erdbeben besteht und diese eine Einwirkung auf die Oberfläche haben könnten, in der Regel ein Überwachungs- und Reaktionssystem eingerichtet werden.
Vulcan-CEO Cris Moreno: "Wir arbeiten mit Ampelwarnsystem"
"Wir öffnen in diesem Sinne keinen Hohlraum. Dort, wo wir fördern, ist eine Sandschicht und die nimmt den größten Raum ein. Das Wasser, das wir dem Sand entziehen, ist nur ein ganz geringer Teil“, sagt Vulcan CEO Cris Moreno. Natürlich müsse man eine Balance halten, weil es einen ständigen Austausch zwischen Wasserentnahme und Rückgabe gibt.
Ein Risiko von Erbeben könne es zwar geben, aber das passiere häufig zu Anfang einer Inbetriebnahme eines Brunnens, wenn man zum Beispiel zu schnell Wasser entnehme. "Wir haben so etwas wie ein Ampelwarnsystem, das uns darauf hinweist, wenn wir zu schnell fördern würden und eine leichte Erschütterung auslösen würden. Wir haben diesen Fall aber noch nicht gehabt", führt Moreno weiter aus.
Für die umfangreichen Pläne braucht es große Mengen Geld, in etwa 1,8 Milliarden Euro. Ein Drittel Eigenkapital sowie zwei Drittel Fremdkapital werden benötigt. "Das ist kein billiges Projekt", sagt Moreno, der als CEO ununterbrochen auf der Suche nach Investoren ist. Die Beschaffung von Fremdkapital laufe jedoch gut.
Keine Sorge wegen fehlender E-Autonachfrage
Die aktuell eher geringe Nachfrage nach E-Autos scheint Cris Moreno nicht zu beunruhigen. Zwar wachse die Nachfrage nicht mehr so schnell, man sei aber zuversichtlich, dass sie nicht stoppen werde. Schließlich sei das Aus für Verbrenner für 2035 beschlossen. "Die Elektromobilität ist die Zukunft. Zudem haben wir ja auch schon Verträge mit Herstellern abgeschlossen."