Sorge vor Strafzöllen Noch brummt das Geschäft mit US-Produkten
Harley-Davidson-Motorräder, Peanut-Butter-Cup-Riegel, Levis-Jeans: Werden in Folge von Trumps Strafzöllen bald auch US-Waren deutlich teurer? Händler in Hessen haben vorgesorgt. Ein längerer Zollkrieg wäre aber auch für sie schlecht.
Das Blubbern des Motors der Harley ist ohrenbetäubend, als Matthias Meier auf den Parkplatz vor seinem Laden einbiegt. Weniger Musik in den Ohren ist für den Inhaber der Harley Factory Frankfurt das, was gerade über den Atlantik hin und her schallt.
Donald Trump hat Zölle auf die Einfuhr von Autos in die USA angekündigt. Die EU könnte auf den unfreundlichen Akt des US-Präsidenten unter anderem mit Gegenzöllen auf US-amerikanische Motorräder reagieren. Auf die Einfuhr einer Harley Davidson müssten Händler wie Matthias Meier dann 50 Prozent Zoll zahlen.
Reale Bedrohung oder viel Lärm um nichts?
Meier zieht den Zündschlüssel aus seinem Motorrad. Es sei ein mulmiges Gefühl, nicht zu wissen, was jetzt passiert, sagt er. Meier, der den Harley-Davidson-Händlerverband Europa als Sprecher vertritt, hofft immer noch auf eine Verhandlungslösung zwischen der EU und den USA. Gleichzeitig macht sich der 55-Jährige Sorgen um sein Geschäft.
Sollte die EU sich entscheiden, ab Mitte April Gegenzölle einzuführen, wäre Harley Davidson in Europa fürs Erste noch gut aufgestellt, glaubt Meier. Man habe sich vorbereitet und schon so viele Fahrzeuge ins europäische Zentrallager geholt, wie es logistisch möglich war - zum bisherigen Zollsatz.
"Das heißt, wir kommen jetzt die nächsten vier bis sechs Monate gut klar", sagt Meier. Sollten die Zölle auf US-Motorräder für längere Zeit gelten, müssten sich die europäischen Harley-Davidson-Händler aber Gedanken machen, wie sie Kosten sparen können.
IHK: Gegenzölle sind verständlich
Das hätte dann mit Sicherheit Entlassungen zur Folge, erwartet Meier: "Es würde außerdem dazu führen, dass sich einige Unternehmen mit ihrer Existenz beschäftigen müssen."
Die USA erheben ab 2. April 25 Prozent zusätzliche Zölle auf alle Autos, die außerhalb der Staaten gefertigt wurden. Dass die Politik in Europa angekündigt hat gegenzusteuern, sei nachvollziehbar, sagt Jürgen Ratzinger von der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt. Gut für den Handel sei das aber nicht.
Wichtig sei, dass sich keine Spirale sich gegenseitig nach oben treibender Zoll- und Gegenzollmaßnahmen entwickle, betont Ratzinger. Die Unternehmen benötigten Verlässlichkeit. "Wenn Sie heute Geschäfte machen wollen, mit Perspektive nächstes Jahr, müssen Sie irgendwie planen und rechnen können", sagt der IHK-Sprecher.
Alternative Kanada
Sicher planen will auch Andreas Wunderlich. Er betreibt in Frankfurt einen Laden für Lebensmittel und andere Produkte aus den USA und ist nach eigenen Angaben froh, schon vor Jahren gute Handelsbeziehungen zu Unternehmen in Kanada aufgebaut zu haben. Diese könnten eine Alternative sein, sollte es auch in seiner Branche wieder zu US-Straf-Zöllen kommen.
In der ersten Amtszeit von Donald Trump habe er auf einen Schokoriegel aus den USA 63 Prozent Zoll zahlen müssen. "Da gehen die Preise natürlich richtig hoch", sagt Wunderlich.
Bewegung zum Boykott
Wegen der Politik Trumps und dessen Zolldrohungen regt sich im Internet seit einiger Zeit Protest gegen Produkte aus den USA. Auf der Plattform Reddit gibt es die Gruppe "Buy from EU". Deren rund 195.000 Mitglieder tauschen sich darüber aus, wie sie US-Produkte boykottieren können. Eine eigene Webseite wurde programmiert, auf der Alternativen vorgeschlagen werden, die in der EU produziert werden.
Andreas Wunderlich merkt in seinem Laden nichts von einem Boykott, wie er sagt. Seine Kundinnen und Kunden kauften weiterhin Chips, Limonade und Schokoriegel.
Einen Kundenrückgang können auch Tina Limbeck und Eileen Hassler nicht verzeichnen. Die beiden betreiben einen Laden für US-Waren in Linden im Kreis Gießen. Allerdings haben sie vor kurzem eine E-Mail erhalten, die zum Boykott ihrer Produkte aufrief. Sie endet mit den Worten: "Schließen Sie Ihren Laden." Die beiden Geschäftsfrauen haben dafür kein Verständnis, zeigen sich aber unbeeindruckt.
Es trifft womöglich die Falschen
Wer mit einem Boykott von US-Produkten Firmen aus den USA treffen möchte, verfehlt womöglich sein Ziel. Der Hessische Industrie- und Handelskammertag betont, viele Konsumgüter wie Mode- und Lifestyle-Produkte, die anscheinend aus den USA stammen, würden überwiegend nicht dort produziert.
Auch bei Lebensmitteln oder Getränken sei der Anteil tatsächlich in den USA hergestellter Bestandteile häufig gering. Wer sich bewusst gegen ein bestimmtes Produkt aus den USA entscheide, könne unbeabsichtigt auch Wirtschaftsstandorte in Europa oder andere Regionen treffen, die an dessen Produktionen beteiligt seien, warnt der Industrie- und Handelskammertag.
Run auf Harleys zum alten Preis
In der Harley Factory in Frankfurt tummelten sich derzeit sogar mehr Kundinnen und Kunden als üblich, schildert Inhaber Matthias Meier. Es gebe ein verstärktes Interesse an den US-Motorrädern. Denn die Maschinen, die aktuell bei den Händlern und im Lager stehen, würden noch zum normalen Preis verkauft.
Sollten die hohen Zölle auf US-Motorräder kommen, würden die Preise auf lange Sicht aber steigen, so Meier. Das könne dann Arbeitsplätze kosten. Meier warnt daher: "Strafzölle kennen keine Gewinner. Bei Strafzöllen sind am Ende eigentlich alle die Verlierer."