"Stadthof" in Hanau Vom alten Kaufhaus zum Treffpunkt für alle

Ein Jahr nach der Schließung verwandelt sich die alte Kaufhof-Filiale in Hanau: Mit einer Mischung aus Gastronomie, Handel und Kultur soll der "Stadthof" ein Vorbild für die Innenstadt der Zukunft werden. Bald ist Eröffnung.

Ein Kaufhaus in einer Fußgängerzone trägt den Schriftzug "Stadthof".
Der neue Hanauer "Stadthof" Bild © Heiko Schneider (hr)

Im Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes in Hanau herrscht Hochbetrieb: Bauarbeiter sägen Holzleisten zurecht, streichen Wände oder verlegen Stromkabel. Es ist unschwer zu erkennen: Hier tut sich was.

"Aber, ehrlich gesagt, auch erst seit eineinhalb Wochen," gibt Daniel Freimuth, Leiter der Hanauer Marketing GmbH, beim Gang über die Baustelle zu. "Davor sah das hier noch dramatisch anders aus." Freimuth ist einer derjenigen, die dafür sorgen, dass aus dem ehemaligen Kaufhof der Hanauer "Stadthof" wird. Bei einer Umfrage hat die Mehrheit der Hanauerinnen und Hanauer für diesen Namen gestimmt.

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Ein Treffpunkt für alle mitten in der Stadt

Die Idee: Der Stadthof, direkt am zentralen Marktplatz gelegen, soll etwas für alle Menschen bieten. So soll das Erdgeschoss zu einem Treffpunkt werden, Platz zum Verweilen bieten. Daneben entsteht eine Veranstaltungsfläche samt Bühne und Raum für 160 Sitzplätze. Ringsum haben die Bauarbeiter in den vergangenen Tagen mehrere sogenannte "Schollen" errichtet – unterschiedlich große offene Räume, in die kleine Läden, ein Café oder ein Design Space einziehen werden.

Einer der neuen Mieter ist Rouven Kneipp mit seinem Online-Shop für nachhaltige Sportmode. Künftig will er im Stadthof etwa Jogginghosen oder T-Shirts aus Algen- und Holzfasern verkaufen. "Hanau denkt Innenstadt und Handel neu, wir denken Sportkleidung neu," erklärt Kneipp. "Das war ein perfect match."

Ein junger Mann in einem schwarzen Pullover steht auf einer Baustelle in einem ehemaligen Kaufhaus.
Rouven Kneipp ist einer der neuen Mieter im Stadthof. Bild © Heiko Schneider (hr)

Sport, Ausstellungen, Gastronomie

Im Untergeschoss soll ein Sportbereich entstehen, unter anderem mit einem Pump-Track für Skaterinnen und Skater. Im ersten Obergeschoss sind Ausstellungen und Events geplant, später sollen hier Gesundheitseinrichtungen einziehen. Darüber zieht die Brüder-Grimm-Berufsakademie ein und im dritten Obergeschoss soll vor allem die Dachterrasse und dortige Gastronomie mal Menschen anlocken.

"Wir wollen hier zeigen, wie wir uns die Innenstadt von morgen vorstellen," erklärt Daniel Freimuth, "und zwar sehr komprimiert in einem Gebäude." All das hat seinen Preis: Die Stadt hat das Gebäude nach einer erneuten Insolvenz von Galeria Kaufhof für 25 Millionen Euro gekauft. Weitere 40 Millionen sind für Sanierung und Umbau geplant.

In Wiesbaden droht Leerstand

Ganz anders sieht es zum Beispiel in Wiesbaden aus: Auch dort musste der Kaufhof schließen, doch seit gut eineinhalb Jahren steht das Gebäude mitten in der Innenstadt leer. Zwar haben, wie in Hanau, auch die Wiesbadener Stadtverordneten zugestimmt, die Immobilie zu kaufen – doch die Verhandlungen in der Landeshauptstadt sind ins Stocken geraten, wie der Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft Andreas Guntrum erklärt: "Die Vorstellungen der Verkäuferin und der Stadt liegen so weit auseinander, dass man da nicht zusammenkommt."

Hinzu kämen technische Probleme: Die Baugenehmigung erlaube nur die Nutzung als Kaufhaus. Zwar steht der 24.000 Quadratmeter-Bau mit den einst berühmten Hortenkacheln nicht unter Denkmalschutz, trotzdem schätzt Guntrum, dass die Stadt gut 20 Millionen Euro investieren müsste, nur um das Gebäude anders nutzen zu können. Und so droht in Wiesbaden dauerhafter Leerstand.

In anderen hessischen Städten gibt es konkretere Pläne für die alten Galeria-Kaufhof-Standorte: In Offenbach soll im kommenden Jahr die Stadtbibliothek dort einziehen. In Fulda ist das Gebäude am Universitätsplatz zum "Konzeptkaufhaus Karl" geworden, in dem verschiedene Geschäftsideen und Produkte in Pop-up-Stores erprobt werden.

Unklar, ob die Rechnung aufgeht

"Hanau kann es sich nicht leisten, den Kaufhof nicht zu kaufen," hatte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky den Stadtverordneten vor der Abstimmung über den Kauf der Immobilie im Oktober 2023 erklärt. Die Stadt geht seit Jahren engagiert gegen Leerstand in der Innenstadt vor, kauft immer wieder Gebäude, um sie günstig an Pop-up-Store-Betreiber zu vermieten.

Auf einer Baustelle in einem alten Kaufhaus werden neue Wände eingezogen.
Umbauarbeiten im Erdgeschoss des Stadthofs. Bild © Heiko Schneider (hr)

Stadtmarketing-Chef Freimuth schätzt den gesamtwirtschaftlichen Schaden der Stadt, hätte sie das Gebäude nicht gekauft und umgewandelt, auf etwa die Summe, die die Stadt nun investiert hat. Ob das Konzept aufgeht? "Wir alle können nicht in die Glaskugel schauen, was in 20 Jahren ist," sagt Freimuth.

Immerhin: Sollte das Konzept scheitern, sei die Stadt bereit für Neues. So könnte zum Beispiel auch eine Schule ins Gebäude einziehen. Vieles sei aber Zukunftsmusik. Im März soll zunächst nur das Erdgeschoss im Hanauer Stadthof eröffnen – genau zwei Jahre, nachdem bekannt wurde, dass der Kaufhof schließen muss.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de