Stark gestiegene Zinsen KfW-Studienkredite entpuppen sich als Kostenfalle

Durch die Inflation ist das Geld oft knapp, mancher Studentenjob ist in Folge der Corona-Pandemie weggefallen. Sind Studierende in finanzieller Not, erhoffen sie sich oft Hilfe von der staatlichen Förderbank Kfw. Doch sich dort Geld zu leihen, kann die Probleme noch zuspitzen.

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Bild © Till Janssen| zur Audio-Einzelseite
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Tausende Euro mehr Zinsen als erwartet und Eltern, die nun mit ihrer Lebensversicherung einspringen: Um sich sein Medizin-Studium zu finanzieren, hatte Tim Schubert bei der staatlichen Förderbank Kfw vor rund sechs Jahren einen Kredit in Höhe von 31.000 Euro aufgenommen. "Ich bin auf dieses Geld angewiesen, weil ich keinen Anspruch auf BAföG habe und weil mich meine Eltern nicht in dem Maße finanziell unterstützen können", erzählt der heute 26-jährige Frankfurter.

Konditionen erschienen "akzeptabel"

Den Kreditvertrag hatte der Student direkt zu Beginn seines Studiums abgeschlossen. Bei der KfW glaubte er sich nach eigenen Angaben gut aufgehoben und hoffte auf faire Konditionen. Die dreieinhalb Prozent Zinsen seien für ihn akzeptabel gewesen. Dass der Kredit einen variablen Zinssatz hat, der also auch steigen kann, habe er gewusst. "Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass die Zinsen ins Unermessliche steigen", so Schubert. Im Nachhinein stellt sich dieser variable Zins für den 26-Jährigen als großes Problem heraus.

Kosten explodiert, Rückzahlung schwierig

Denn mittlerweile sind die Kosten explodiert, für den Kredit werden fast acht Prozent Zinsen fällig. Anders könne man derzeit nicht kostendeckend arbeiten, begründet die KfW die erhebliche Steigerung. Damit entpuppt der Kredit sich für den Studenten als Kostenfalle, er will ihn nach eigenen Angaben so schnell wie möglich los werden. Alle Zins- und Tilgungszahlungen zusammengenommen, müsste er der KfW derzeit rund 44.000 Euro zurückzahlen – 13.000 Euro mehr, als er bekommen hat und deutlich mehr, als er ursprünglich geplant hatte. Finanziell könne er das nur stemmen, weil seine Eltern einspringen. Sie hätten sich dafür ihre Lebensversicherung teilweise vorzeitig auszahlen lassen.

Studierendenwerke warnen vor den KfW-Krediten

Zu haben sind die Studienkredite direkt über die KfW, aber auch die Studierendenwerke in Hessen sind Vertriebspartner dieses Finanzierungsmodells. Dennoch ist bei ihnen derzeit die Empörung groß, wie ausgerechnet eine staatliche Förderbank von Studierenden aktuell so hohe Zinsen verlangen kann.

"Das ist ein fatales Signal", kritisiert Eva Mohr, beim Studierendenwerk Gießen zuständig für die Unternehmenskommunikation. Auch der stellvertretende Geschäftsführer des Frankfurter Studierendenwerks Johannes Tiebel warnt vor den Folgen. "Durch den aktuellen Zinssatz von fast acht Prozent droht Studierenden, die den Kredit in Anspruch nehmen, die Verschuldung."

Und es sei nicht auszuschließen, dass die Zinsen weiter steigen. Das sei sehr ärgerlich, gerade weil die Studierenden in Folge der hohen Inflation momentan solche Kredite oft dringend bräuchten.

Alle anderen Möglichkeiten zuerst ausschöpfen

Auch bei den Studierendenwerken in Darmstadt und Kassel heißt es, man betrachte die Kfw-Kredite angesichts der hohen Zinssätze kritisch. Wenn überhaupt sollten Studierende sie nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch nehmen. Und auch nur, wenn sie alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten wie etwa BAföG, Studentenjobs, Unterstützung durch die Eltern oder Stipendien bereits ausgeschöpft hätten.

Viele Studierendenwerke verweisen darauf, dass ihre Vertriebspartnerschaft mit der Kfw zum Ende des Jahres endet. Die staatliche Förderbank betont diesbezüglich, diese Partnerschaften habe sie selbst gekündigt. Denn die meisten Studierenden würden die Kredite ohnehin nicht über die Studierendenwerke, sondern digital direkt bei der KfW beantragen.

Es gibt noch etliche Alternativen

Gerade die Vertragsabschlüsse, die digital, direkt bei der KfW, vorgenommen würden, seien aber ein Problem. "Die Studierenden brauchen bei diesen Krediten dringend persönliche Beratung und müssen über die Zinsrisiken aufgeklärt werden", sagt Johannes Tiebel vom Studierendenwerk Frankfurt.

Tiebel empfiehlt Studierenden deshalb, auszuloten, ob sie nicht Wohngeld oder Bürgergeld beantragen könnten. Darüber hinaus gebe es Bildungskredite, die ebenfalls über die Kfw ausgezahlt würden. Diese Bildungskredite seien mit vier Prozent Zinsen günstiger als die Studienkredite. Allerdings könne man bei letzterem bis zu 54.600 Euro leihen, bei den Bildungskrediten seien es nur bis zu 7.200 Euro.

Schließlich bietet etwa das Studierendenwerk Frankfurt selbst Darlehen an: Dort bekommen Studierende eine Summe von bis zu 12.000 Euro, ohne dass dafür Zinsen fällig werden. Allerdings müssen die Studierenden noch die Verwaltungskosten tragen.

Verbraucherzentrale rät zum Ratenkredit – sobald möglich

Am Finanzmarkt dürften Studierende kaum an Kredite kommen, meint Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen. "Sie haben in der Regel keine Sicherheiten, keine Bürgen und keine regelmäßigen Einnahmen." Das könne sich allerdings ändern, sobald sie ins Berufsleben einsteigen. Dann wäre es aus Sicht der Verbraucherschützerin mitunter möglich, den Studienkredit der Kfw abzulösen durch einen normalen und womöglich günstigeren Ratenkredit. Vorher sollten sich Betroffene aber auf jeden Fall beraten lassen.

Wer bereits einen Kfw-Studienkredit abgeschlossen hat und nicht mehr wechseln möchte, habe in der Rückzahlungsphase immerhin die Option, mit der Bank einen festen Zinssatz zu vereinbaren, der eben nicht mehr weiter steigen könne. Diese Umstellung sei kostenlos, passiere aber nicht automatisch. Die Studierenden müssten dafür einen Antrag stellen. Bei Schwierigkeiten, den Kredit zurückzuzahlen, sei unter Umständen auch eine Stundung möglich.

Weitere Informationen

Sendung: hr-iNFO, 06.07.2023, 09.20 Uhr.

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Quelle: hessenschau.de/Katrin Kimpel