"Die Stimmung ist am Boden" SMA Solar streicht 700 Arbeitsplätze in Niestetal
Beim nordhessischen Solartechnik-Hersteller SMA laufen die Geschäfte schlecht. Rund 700 Arbeitsplätze sollen am Unternehmenssitz in Niestetal wegfallen. Der Betriebsrat versucht, betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern.
Der Solartechnik-Hersteller SMA will weltweit rund 1.100 Jobs und damit fast ein Viertel seiner Vollzeitstellen abbauen. Wie das Unternehmen in der Nacht zum Donnerstag ankündigte, sollen allein am Unternehmenssitz in Niestetal (Kassel) bis Ende des nächsten Jahres rund 700 Stellen wegfallen.
"Wir haben schon länger einen Einstellungsstopp und haben auch Mitarbeitern in der Probezeit kündigen müssen," sagte Jürgen Reinert, Vorstandsvorsitzender bei SMA, dem hr. "Wir werden befristete Anstellungen beenden müssen und darüber hinaus auch einen Personalabbau vornehmen."
Ende September beschäftigte SMA Solar in 20 Ländern weltweit noch rund 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon mehr als 3.200 in Deutschland. Der geplante Personalabbau müsse noch mit dem Betriebsrat abgestimmt werden, sagte Reinert.
Unternehmen will 200 Millionen Euro einsparen
SMA hatte im September ein weitreichendes Sparprogramm angekündigt: Eingespart werden sollen 150 bis 200 Millionen Euro. Damals hatte das Unternehmen allerdings noch keine Details genannt.
Hintergrund sind Probleme im Geschäft mit privaten und gewerblichen Solaranlagen nach einer zuvor erfolgreichen Phase. "Wir sind aus der Corona-Krise rausgekommen, in der unzureichend geliefert werden konnte," erläuterte Vorstandsvorsitzender Reinert. "Dann kam noch der Ukraine-Krieg dazu mit der Angst um Versorgungssicherheit." Das habe zu einer hohen Nachfrage nach Solaranlagen geführt.
Infolgedessen hatte SMA Solar im vergangenen Jahr seinen Umsatz und das Ergebnis stark gesteigert. Unter dem Strich stand 2023 ein Gewinn von 222,7 Millionen Euro.
Umsatz und Gewinn eingebrochen
Doch dann sei die Nachfrage wieder zurückgegangen: "Zum einen sind die Strompreise wieder gesunken, zum anderen die Preise für Solaranlagen," so Reinert. Dazu habe auch die starke Konkurrenz aus China beigetragen. Der Markt sei eingebrochen, gleichzeitig seien die Lager bei den Händlern immer noch voll.
Das führte zu deutlich schlechteren Geschäften im aktuellen Jahr. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 lag das Gesamtergebnis bei 34,5 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte es noch bei 178,3 Millionen Euro gelegen.
Deshalb müsse man nun die Kosten reduzieren, sagte Vorstandsvorsitzender Reinert. Neben dem Personalabbau gebe es dafür noch zusätzliche Möglichkeiten. "Wir sparen zum Beispiel auch an den operativen Kosten: von Messen bis hin zu Dienstreisen," so Reinert.
Betriebsrat: "Personalabbau auf ein Minimum reduzieren"
Der Betriebsrat des nordhessischen Unternehmens bewertet die Lage ähnlich wie das SMA-Management: "Die Lage ist wirklich ernst," sagte Martin Breul, Betriebsratsvorsitzender am Standort Niestetal, dem hr. "Die Stimmung ist am Boden, das kann man nicht schönreden."
Man wolle jetzt dafür kämpfen, den Personalabbau auf ein Minimum zu reduzieren, so Breul. "Wir müssen ihn so gestalten, dass wir betriebsbedingte Kündigungen ausschließen." Das könne zum Beispiel über frühere Renteneintritte oder ein Freiwilligenprogramm mit Abfindungen realisiert werden.
Deutsche Solarbranche unter Druck aus China
Die Lage bei SMA Solar ist kein Einzelfall. "Die ganze Solarbranche hat mit Problemen zu kämpfen," erklärt ARD-Börsenkorrespondent Constantin Röse. "Obwohl immer mehr Photovoltaik-Anlagen auf Dächern installiert werden, kommt nur ein Bruchteil der Module aus Deutschland."
Schuld daran sei der harte Wettbewerb mit chinesischen Herstellern, die Solarzellen und Module deutlich günstiger anböten. "Deutsche Hersteller wie SMA können da nicht mithalten, deshalb kommt es zu einem extremen Preisverfall," so Röse.
Auch an der Frankfurter Börse waren die Auswirkungen spürbar: Der Aktienkurs von SMA brach am Donnerstag um mehr als 15 Prozent ein. "Viele Investoren bei SMA sind nach den roten Zahlen und der Prognosesenkung sehr skeptisch geworden," erklärt der ARD-Börsenexperte. Seit Jahresbeginn hat der Kurs nun rund 80 Prozent verloren.
Vorstand bleibt optimistisch
SMA-Vorstandsvorsitzender Reinert zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass sein Unternehmen in Zukunft wieder profitabel wirtschaften kann. "Photovoltaik ist preiswerter als andere Formen der elektrischen Energieerzeugung, das wird sich nicht ändern," sagte er dem hr.
Reinert nannte die aktuellen Probleme eine "kurz- bis mittelfristige Flaute." Langfristig könne die Solartechnik von SMA im Vergleich zu chinesischen Produkten mit einer höheren Qualität und Lebensdauer punkten.