Tempo 30 und Tempo 40 Wiesbaden beruhigt Autoverkehr in der Innenstadt

An vielen Straßen in der Wiesbadener Innenstadt ist es zu laut - deswegen will die Stadt nun mit Tempo-30- und Tempo-40-Zonen gegensteuern. Langsamere Autos, gesündere Bürger, so lautet der Plan.

Das Bild zeigt ein Tempo-40-Schild in Wiesbaden
Die Tempo-30- und Tempo-40-Zonen sollen helfen, den Lärm zu reduzieren. Bild © Andrea Bonhagen (hr)
  • Link kopiert!

Zum Wochenstart sollen in Wiesbaden rund 180 neue Straßenschilder aufgestellt werden: In einigen Innenstadt-Straßen wird das Höchsttempo von 50 Kilometern pro Stunde auf Tempo 30 oder Tempo 40 abgesenkt. Die Stadt hatte nach Untersuchungen zu Lärmbelastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner ein neues Lärmschutz-Konzept beschlossen.

Rund 17.000 Bewohnerinnen und Bewohner könnten laut der Stadt von den abgesenkten Höchsttempos am sogenannten historischen Fünfeck und rund um das Kureck profitieren.

Videobeitrag

Wiesbaden beruhigt Autoverkehr in der Innenstadt

Ein Verkehrsschild wird enthüllt
Bild © hr
Ende des Videobeitrags

Grenzwerte überschritten

Detaillierte Lärmberechnungen des Umweltamtes für jedes einzelne Haus hätten gezeigt, dass in allen untersuchten Innenstadt-Straßen die gesetzlichen Grenzwerte für Straßenverkehrslärm überschritten werden. "Das kann zu Schlaflosigkeit, Dauerstress und schlimmstenfalls zu ernsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen", teilte die Stadt mit.

Studien zeigen, dass Tempolimits sich vor allem bei hohen Geschwindigkeiten auf den von Autos verursachten Lärm auswirken. Im Vergleich zu Tempo 50 sinkt der Mittelungspegel – ein über einen bestimmten Zeitraum erreichter Lautstärke-Mittelwert - bei Tempo 30 um bis zu vier Dezibel. Vor allem die Geräusche, die durch Beschleunigung entstehen, würden dadurch abnehmen.

Inwiefern sich Tempo 30 auf den Ausstoß von Luftschadstoffen auswirkt, ist umstritten: Untersuchungen kommen je nach Bedingungen vor Ort zu unterschiedlichen Ergebnissen. Studien aus Baden-Württemberg, Berlin und Österreich fasst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hier zusammen. Demnach sinken bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h zwar nicht die motorbedingten Belastungen durch Feinstaub, aber die Belastung, die durch Abrieb von Reifen, Bremsen und Straßen sowie Verwirbelung entsteht. Auch im Hinblick auf Stickstoffdioxid führten die örtlichen Gegebenheiten zu unterschiedlichen Werten.  

"Lange haben wir über Lärmschutz geredet. Jetzt setzen wir ihn um", erklärte Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne).

Rechtlich bezieht die Stadt sich auf einen Paragrafen der Straßenverkehrsordnung, der für Wiesbaden als anerkannten Kurort "bestimmte Befugnisse zum Schutz seiner Gäste einräumt", so die Stadt.

Karte von Wiesbaden
Tempo 30 gilt auf den hellblau eingezeichneten Straßen, Tempo 40 auf den dunkelblau makierten Straßen. Bild © hr/OpenStreetMap-Mitwirkende

Weniger Tempo 30, als rechtlich möglich wäre

Die Lärmberechnungen würden demnach Tempo 30 auf allen untersuchten Hauptverkehrsstraßen begründen, hieß es von der Stadt. "Im Gegensatz zu anderen Städten verzichtet Wiesbaden jedoch darauf, da hiermit unerwünschte Ausweichverkehre in Nebenstraßen drohen würden", hieß es in der Mitteilung.

Audiobeitrag
Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Wie sich etwa an den "positiven Erfahrungen" mit Tempo 40 an den Hauptverkehrsstraßen in Frankfurt gezeigt habe, gebe es bei maximal 40 Stundenkilometern in einigen Fällen Vorteile gegenüber Tempo 30. Deswegen werde an den großen, für den Autoverkehr bedeutenden Hauptachsen Tempo 40 eingerichtet.

Hier sollen die neuen Tempo-Zonen gelten

  • 1. Ring
  • Rheinstraße
  • Schwalbacher Straße
  • äußere Schiersteiner Straße
  • äußere Dotzheimer Straße
  • Taunusstraße
  • Wilhelmstraße
  • Sonnenberger Straße
  • Bahnhofstraße
  • Neugasse
  • Röderstraße
  • Wörthstraße
  • Kranzplatz
  • Wohngebiete z. B. an der Emser Straße, rund um die Ringkirche oder an der Moritzstraße

Auf weniger bedeutenden Innenstadt-Straßen werde die Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30 gesenkt. Bislang sei in Wiesbaden auf einigen Straßen noch Tempo 50 erlaubt gewesen, "auf denen kein vernünftiger Mensch 50 fahren würde", hieß es von der Stadt. Eine Anpassung an die Realität sei hier ohnehin überfällig gewesen.

Auf dem 2. Ring bleibt es bei Tempo 50

Auf weiteren Straßen des sogenannten 2. Rings sowie den Hauptachsen Mainzer Straße - Friedrich-Ebert-Allee werde Tempo 50 bestehen bleiben.

Weitere Lärmberechnungen soll es laut der Stadt auch für verschiedene Vororte geben, wo die Anwohnerinnen und Anwohner möglicherweise ebenfalls unter zu viel Verkehrslärm litten.

Kritik aus dem Stadtparlament - Beifall vom Fahrradclub

Die Fraktionsgemeinschaft FWG/Pro Auto in der Stadtverordnetenversammlung kritisierte, Wiesbaden werde in eine Schneckenstadt verwandelt. Wer es ruhig haben wolle, solle nicht in die Innenstadt ziehen. 

Beifall kommt dagegen vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. Der Kreisverband Wiesbaden geht laut Mitteilung davon aus, dass so deutlich weniger Spannungen und Stress zwischen den Verkehrsteilnehmenden entstehen und die Sicherheit für Radfahrende verbessert wird.

Redaktion: Pia Stenner

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de

Ihre Kommentare Halten Sie Tempo 30 in Innenstädten für eine sinnvolle Maßnahme?

89 Kommentare

  • Tempo Limit, Kameras und Parkverbote bringen wenig, wenn nicht kontrolliert wird und wenig gegen Verstoße unternommen wird.
    Schon selten wurde bisher das Tempo 50 respektiert. Auto rasen über rote Ampel und bleiben unbestraft.
    Neue sinnvolle und durchdachte Maßnahmen, gerne, aber mit entsprechender vermehrten Kontrolle. Erst dann wird diese Stadt leiser und sicherer.

  • Ja das finde ist längst überfällig! Mit dem Fahrrad oder zu Fuss unterwegs zu sein ist ruhiger und entspannter. Es bekommt auch Wiesbaden besser, immerhin ist sie eine Kurststadt.
    Wer meint laut Artikel wird Wiesbaden zu einerSchneckenstadt? Ich lebe gerne in einer ruhigen und entspannter Innenstadt. Alle Raser können zum Nürburgring und sich dort mit ihrem Auto austoben

  • Ja, längst überfällig

Alle Kommentare laden