"Hätten diesen Schritt gerne vermieden" Thomas Cook Deutschland stellt Insolvenzantrag

Nach der britischen Konzernmutter hat sich auch die deutsche Thomas Cook für insolvent erklärt. Rund 1.000 Beschäftigte in Oberursel bangen um ihre Jobs. Der Reiseverband DRV sieht den Versicherer in der Pflicht, Pauschalreisende zurückzuholen.

Thomas-Cook-Zentrale in Oberursel
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Thomas Cook Deutschland stellt Insolvenzantrag

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Laut Mitteilung vom Mittwoch (25.09.19) sieht sich der deutsche Veranstalter gezwungen, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Damit gehe die Möglichkeit einher, sich aus der Thomas Cook Group zu lösen. Der britische Mutterkonzern des Reiseveranstalters hatte am Wochenbeginn Insolvenz beantragt.

"Wir hätten diesen gerichtlichen Schritt natürlich lieber vermieden, doch leider ließ sich auf dem Verhandlungsweg keine kurzfristige Lösung erreichen", kündigte die Vorsitzende der Geschäftsführung der Thomas Cook GmbH, Stefanie Berk, an. Mit der Neuausrichtung des Geschäfts im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wurde am Mittwoch die Frankfurter Anwaltskanzlei hww beauftragt.

Hoffen auf Hilfe vom Staat

Bei Thomas Cook gibt man sich zuversichtlich, die Geschäfte künftig losgelöst von der britischen Mutter fortführen zu können. Laut Berk liefen bereits Gespräche mit potenziellen Partnern, um eine Sanierung voranzutreiben. Das Unternehmen kann das Insolvenzverfahren auch als Chance auf einen Neubeginn begreifen - möglicherweise mit neuen Investoren.

Derweil sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Mittwoch auf Nachfrage, dass ein beantragter Überbrückungskredit für Thomas Cook Deutschland noch geprüft werde. Das Land prüft eine solche Regelung ebenfalls. "Wir müssen Gewissheit haben, dass das zukunftsfähig ist, was dort geschieht", sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).

Die Fluggesellschaft Condor, die ebenfalls zum Konzern gehört, bekam einen solchen Kredit über 380 Millionen Euro am Dienstagabend vom Bund und vom Land Hessen bewilligt.

Verdi: "Es muss alles getan werden"

Der Reiseunternehmer beschäftigt in seiner Deutschlandzentrale in Oberursel (Hochtaunus) rund 1.000 Mitarbeiter. Dort ist die Stimmung seit Bekanntwerden des Ausmaßes der finanziellen Probleme äußerst gedrückt.

Der nun gestellte Insolvenzantrag sei ein weiterer "harter Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien", teilte die Gewerkschaft Verdi mit: "Es muss nun alles dafür getan werden, um die Weiterführung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen und die Arbeitsplätze zu erhalten."

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Insolvenzversicherer bezahlt für Rückreisen

Nach der Insolvenz des britischen Mutterkonzerns hatte Thomas Cook Deutschland am Montag auf Notgeschäftsführung umgestellt. Kunden können seitdem ihre gebuchten Reisen nicht antreten. Das gilt nach Aussage einer Unternehmenssprecherin auch am Mittwoch und Donnerstag.

Unklar ist, ob Reisende auch zum hessischen Ferienstart am Freitag abheben können. Das entschieden Insolvenzverwalter und die Insolvenzversicherung, sagte die Sprecherin.

Was die Rückreise der bereits verreisten Thomas-Cook-Kunden aus dem Ausland betrifft, hat sich nach Angaben des Reiseverbandes DRV vom Mittwoch der Insolvenzversicherer Zurich dazu verpflichtet: "Dem DRV wurde bestätigt, dass die Zurich Versicherung die Kosten für zwischen Thomas Cook Deutschland und Leistungserbringern wie zum Beispiel Hotels und Fluggesellschaften vereinbarten Leistungen übernimmt."

Hotels in den Urlaubsgebieten hätten daher keinen Grund, Urlauber aus Angst vor Zahlungsschwierigkeiten des Reiseveranstalters zur Kasse zu bitten, teilte der DRV weiter mit. Dies war in den vergangenen Tagen wiederholt geschehen. Nach Einschätzung Berks wird das Geld ausreichen, um alle Kunden, die auf Reisen sind, zurückzubringen. "Wir haben uns gesetzeskonform mit einer Obergrenze von 110 Millionen Euro versichert", sagte die Vorsitzende der Geschäftsführung der FAZ (Donnerstag) laut Vorabbericht.

Etwa 140.000 Urlauber sind aktuell mit dem Unternehmen mit den Marken Thomas Cook, Neckermann, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen unterwegs.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau kompakt, 25.09.2019, 16.45 Uhr

Quelle: hessenschau.de/fawe, Lars Hofmann, Ana Rakic, dpa/lhe

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