Verbraucherzentrale warnt vor Tücken des Booms Pleiten, Pfusch und Pannen rund um Solar-Module
Viele Hessen wollen langfristig bei den Energiekosten sparen und kaufen sich Photovoltaik-Anlagen fürs Hausdach oder den Balkon. Nicht jeder Anbieter ist allerdings verlässlich. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps.
Schlechte Erfahrungen mit einem Anbieter von Solarmodulen hat Gerd Stabenow aus Hünstetten im Rheingau-Taunus-Kreis gemacht. Der 58-Jährige möchte seinen Strom mit einer eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach seines Einfamilienhauses selbst produzieren. Im vorigen Jahr hat er damit die Firma LEDKon aus Neu-Anspach (Hochtaunus) beauftragt. "Es wirkte zunächst sehr professionell, wie die Mitarbeiter beispielsweise unser Dach mit einer Drohne vermessen haben", erzählt der Leiter einer kleinen IT-Firma.
Nach Aussage von Stabenow versprach LEDKon, die Anlage innerhalb von zwei Monaten zu liefern. Zumindest die Solarmodule habe das Unternehmen auf das Dach montiert. Auf vieles andere warte er bis heute, berichtet der Familienvater, etwa auf den Wechselrichter, den Stromspeicher und die Wallbox, um das eigene Elektroauto zu laden: "Die Firma hat uns im Stich gelassen. Wir konnten unseren Ansprechpartner nicht mehr erreichen, es ging nur die Mailbox dran."
17.000 Euro vorab überwiesen
Den Großteil der Rechnung hatte Stabenow allerdings schon bezahlt und rund 17.000 Euro überwiesen. Viel zu viel, findet der 58-Jährige im Nachhinein, gemessen an dem, was er bisher bekommen habe. Im Mai hat die Firma LEDKon beim Amtsgericht Bad Homburg Insolvenz angemeldet. Zu den Gründen hat sich der Insolvenzverwalter auf hr-Anfrage nicht geäußert. Es gibt auch keine Aussagen dazu, wie es für die betroffenen Kunden der Pleite-Firma weitergeht.
Bei der Verbraucherzentrale Hessen sind Probleme mit Solar-Anbietern nach eigenen Angaben ein großes Thema. Wie sie am Donnerstag mitteilte, führten die hessischen Verbraucherschützer im vergangenen Jahr insgesamt rund 57.000 Beratungsgespräche - sehr häufig zu Energiethemen. Auffällig viele Anfragen habe es speziell zum Kauf oder zur Montage von Solar-Modulen gegeben, berichtet Energie-Experte Peter Lassek, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Verbraucherschützer raten: Vorab Anbieter prüfen
"Entweder hatten die Module schlechte Qualität oder es gab Lieferschwierigkeiten", führt Lassek aus: "Was auch vorkam: Dass Module geliefert, aber nicht montiert wurden, monatelang auf dem Hof herumlagen und schon Moos ansetzten." Manche Verbraucher hätten zwar eine Anlage bekommen, seien allerdings danach vertröstet worden, als es darum ging, diese beim Netzbetreiber anzumelden.
Um solche Probleme zu vermeiden, sollten sich Verbraucher über die Firmen vorab gut informieren, empfiehlt der Verbraucherschützer. Es gebe viele unseriöse Unternehmen, die vom aktuellen Solar-Boom profitieren wollten. "Das bleibt natürlich nicht aus, dass bei dieser großen Nachfrage auch viele Trittbrettfahrer und Pfuscher am Werk sind", warnt Lassek. Manche Firmen brächten für die Arbeit keine ausreichende Qualifikation mit.
Außerdem beobachtet Lassek, dass einige Unternehmen so viele Aufträge annehmen, dass sie sie nicht mehr bewältigen können. Immer wieder passiere es, dass Firmen pleite gingen. "Wenn sich bei einem Insolvenzverfahren herausstellt, dass kaum noch Geld in der Kasse ist, sieht es für Verbraucher in der Regel düster aus", sagt der Verbraucherschützer.
Eine schriftliche Lieferfrist kann helfen
Deshalb rät Energie-Experte Lassek von Vorkasse ab: Verbraucher sollten darauf achten, dass sie keine allzu hohen Summen im Voraus bezahlen, sondern nur das, was sie bereits geliefert bekamen. Das sollten sie zunächst mit der Firma entsprechend aushandeln.
Lieferzeiten sollten die Kunden laut Verbraucherzentrale darüber hinaus schriftlich vereinbaren. Verzögere sich eine Lieferung, könnten sie dem Anbieter eine Frist setzen. Danach könnten sie prüfen, ob sie von dem Vertrag zurücktreten können.
Verbraucher aus Hünstetten hat doppelt bezahlt
Das hat auch Gerd Stabenow aus Hünstetten gemacht. Er hat mittlerweile eine neue Firma beauftragt. "Von der waren wir positiv beeindruckt. Innerhalb von 14 Tagen war alles erledigt, und die Firma wollte auch erst dann Geld sehen", erzählt der 58-Jährige.
Allerdings hat er für die Photovoltaikanlage nach eigenen Worten doppelt bezahlt und dafür alles in allem rund 33.000 Euro ausgegeben. Von der alten, inzwischen insolventen Firma dürfte er kein Geld zurückbekommen, so vermutet er es selbst. Durch die Verzögerung sei ihm sogar die staatliche Förderung durch die Lappen gegangen.
Sendung: hr-iNFO, 04.07.2024, 17.51 Uhr
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