Milliarden-Deal fix US-Unternehmen kauft Großteil des Allendorfer Wärmepumpen-Herstellers Viessmann
Der US-Konzern Carrier wird das nordhessische Familienunternehmen Viessmann zu großen Teilen übernehmen. Das bestätigte der Allendorfer Wärmepumpen-Hersteller am späten Dienstagabend.
Der Heizungsbauer Viessmann aus Allendorf an der Eder (Waldeck-Frankenberg) verkauft seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Im Gegenzug übernimmt die verbleibende Viessmann-Gruppe ein Aktienpaket und wird nach eigenen Angaben einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns.
Einen Kaufpreis nannten die Nordhessen am späten Dienstagabend nicht. Carrier bezifferte den Preis auf zwölf Milliarden Euro. Die Gründerfamilie erhält laut der Nachrichtenagentur Reuters 80 Prozent des Kaufpreises in Form von Geld und 20 Prozent als Carrier-Aktien. Zuvor hatte das Wall Street Journal (WSJ) über die Pläne berichtet.
Betriebsbedingte Kündigungen zunächst ausgeschlossen
Das Geschäft soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, teilte Viessmann mit. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie "für 106 Erfolgsjahre" ausgeschüttet werden.
Der Geschäftsbereich Klimalösungen machte bei dem Familienunternehmen aus Nordhessen zuletzt rund 85 Prozent des Umsatzes aus, der für 2022 auf den Rekordwert von rund vier Milliarden Euro angestiegen war. Der Unternehmensbereich Kühltechnik ist bei dem Deal außen vor.
Das 1917 aus einer Schlosserei gegründete Unternehmen gehört zu den bekanntesten deutschen Heizungsbauern und zählte bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Es beschäftigt weltweit etwa 14.500 Mitarbeiter.
Wärmepumpen als Wachstumstreiber
Treiber für das starke Wachstum der vergangenen Jahre waren die Wärmepumpen, die nach politischen Vorgaben in den Gebäuden schnell Gas- und Ölheizungen ablösen sollen. Viessmann hatte im Mai 2022 Investitionen von rund einer Milliarde Euro in diesem Bereich bekanntgegeben. Unter anderem wird gerade eine Fabrik in Polen gebaut.
Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Das Unternehmen verfügt in Europa über drei Produktionsstätten in Frankreich und Spanien.
Carrier übernahm schon Linde Kältetechnik
2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt. Mit dem nun beschlossenen Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel würde das Kerngeschäft des regional aufgestellten Unternehmens Viessmann im Carrier-Konzern aufgehen und eine deutlich höhere Kapitalkraft erlangen.
Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. "Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt", erklärte Firmenchef Max Viessmann, der auch einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten soll.
In der Massenproduktion sehen Experten allerdings die asiatischen Anbieter von Klimaanlagen im Vorteil, die mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind und seit Jahrzehnten in extrem hohen Stückzahlen gebaut werden. Bekannte Anbieter sind Daikin, Mitsubishi (beide Japan), Midea (China) oder Samsung (Korea). In Deutschland fehlt ihnen bislang noch der Marktzugang über die Installateure.
Sendung: hr-iNFO, 26.04.2023, 7.55 Uhr
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