Darmstädter Verkehrsdezernent "Neue Rheinstraßenbrücke hätte man vor 30 Jahren planen müssen"

In Darmstadt wird weiter eifrig am Neubau der maroden Rheinbrücke geplant. Autos werden demnach erst Ende 2030 dort wieder entlang fahren können. Für Verkehrsdezernent Wandrey kommen die Planungen für eine neue Brücke Jahrzehnte zu spät.

Eine Straßenbahn fährt über die gesperrte Rheinstraßenbrücke in Darmstadt
Straßenbahnen dürfen weiterhin über die Rheinstraßenbrücke fahren. Bild © Uwe Gerritz (hessenschau.de)

Die Planungen für den Neubau der Rheinstraßenbrücke in Darmstadt gehen im Hintergrund zügig voran. Das hat Verkehrs- und Ordnungsdezernent Paul Georg Wandrey (CDU) am Freitag bei einem Pressetermin hervorgehoben. Auch wenn sich an der Brücke selbst derzeit nichts zu tun scheint.

Änderungsantrag wird erstellt

Aktuell werde ein Änderungsantrag für den bereits genehmigten Planfeststellungsbeschluss erstellt, eine erneute Genehmigungsprüfung sei nicht erforderlich. Er gehe davon aus, dass diesem Antrag zugestimmt werde, sagte Wandrey.

Zudem seien verschiedene Vergaben für Planungsleistungen als Vorbereitung für die späteren Vergabeverfahren für Bauleistungen getätigt worden. In den vergangenen Monaten sei zusätzlich der Umleitungsring durch Veränderungen an den Markierungen und Beschilderungen verbessert worden.

Marode Brücke muss erneuert werden

Die über die Schienen der Bahn verlaufende Brücke im Westen der Stadt war im Frühjahr 2022 zunächst teilweise und Ende des gleichen Jahres komplett für Autos und Lkws gesperrt worden. Das mehr als 100 Jahre alte Bauwerk ist marode und muss erneuert werden. Nur Fußgänger, Radfahrer und Straßenbahnen dürfen die Brücke seither nutzen.

Für die rund 50.000 Autos, die vorher täglich über die Brücke fuhren, um etwa zur A5 und zur A67 zu kommen, wurde ein Einbahnstraßenring als Umfahrung eingerichtet. Wie gut dieser funktioniere, zeige sich daran, dass die befürchteten Rückstaus vor den Autobahnanschlüssen ausgeblieben seien, sagte Wandrey.

Verkehrsdezernent Wandrey schaut beim Ortstermin in die Kamera
Darmstadts Verkehrsdezernent Wandrey infomierte vor Ort über den Planungsstand Bild © Uwe Gerritz (hessenschau.de)

Eine von Hessen Mobil geforderte digitale Stauwarnanlage habe wieder zurückgebaut werden können, berichtet Wandrey weiter. "Wir hatten in anderthalb Jahren nie eine Situation, die zu einem Rückstau geführt hat."

Möglichst lange für Straßenbahn erhalten

Zwar hätten die jüngsten statischen Untersuchungen, zuletzt im Oktober, ergeben, dass eine Nutzung durch Autos und Lkws aktuell noch möglich sei. Man wolle die Belastung der Brücke aber minimal halten, damit sie bis zum geplanten Abriss 2027 für Straßenbahnen und somit für den ÖPNV befahrbar bleibt.

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Das erste Vergabeverfahren für den Neubau hatte der Dezernent Ende 2023 gestoppt. Die Planung hätte zu viele zeitliche und finanzielle Risiken beinhaltet, etwa hinsichtlich der Abstimmungen mit der Bahn, befand er.

Im Sommer 2024 stellte er dann eine Machbarkeitsstudie für eine geänderte Brückenkonstruktion vor. Mit ihr will man sich von der Bahn deutlich unabhängiger machen.

Keine Stützen mehr im Gleisbett

So sieht die neue Planung eine frei gespannte Brücke ohne zusätzliche Stützen im Gleisbett vor. Dadurch würden auch notwendige Unterbrechungen des Bahnverkehrs reduziert. Aufgrund veränderter Durchfahrtsregeln der Bahn soll die neue Brücke außerdem um 50 Zentimeter höher liegen.

Eine Stahlkonstruktion mit vier Fachwerkbögen soll den Fußgänger- und Radverkehr von den sechs Autofahrspuren, zwei stadteinwärts und vier in Richtung Autobahn, trennen. Für die Straßenbahnen gibt es ebenfalls eine Extraspur. All das soll die Verkehrssicherheit erhöhen. Die Brückenteile werden vorgefertigt und später zusammengefügt.

Versäumnisse in den 90ern

Während Wandrey die schnelle Umsetzung der Machbarkeitsstudie durch die Darmstädter Stadtentwicklungsgesellschaft (DSE) sowie die Arbeit aller an dem Projekt Beteiligten lobte, beklagte er Versäumnisse in der Vergangenheit. So seien Mängel an der Brücke schon in den 1990er Jahren provisorisch behoben worden.

Ein Blick in alte Unterlagen zeige, dass der schlechte Zustand der Brücke schon früh bekannt war. Nach seiner Ansicht hätte man bereits Mitte bis Ende der neunziger Jahre alle Hebel für ein neues Brückenbauwerk in Bewegung setzen müssen. Dass dies nicht geschehen sei, habe dazu geführt, dass man nun unter Zeitdruck stehe.

Abriss Ende 2027

Der weiterhin gültige Zeitplan der Machbarkeitsstudie sieht vor, dass eine Korridorsanierung der Bahn Ende 2027 genutzt wird, um die alte Brücke abzureißen. Die unter Denkmalschutz stehenden Brückenköpfe bleiben stehen und werden später in das neue Bauwerk integriert.

Nach dem Brückenabriss werden die Straßenbahnlinien 4 und 9, die bislang über die Brücke fahren, durch Busse ersetzt. Dies wird laut Stadt etwa anderthalb Jahre dauern. Die neue Brücke soll im vierten Quartal 2029 fertiggestellt sein – inklusive des Straßenbahnverkehrs.

Erst Ende 2030 Freigabe für Autos

Autos können allerdings erst gut ein Jahr später darüber fahren, wie DSE-Geschäftsführer Bernd Neis noch einmal klarmachte. "Die Zufahrt auf die Brücke muss noch hergestellt werden. Das geht erst, wenn die Brücke eingebracht wurde." Die Arbeiten für die Anschlüsse würden erst zum Jahreswechsel 2030/2031 beendet sein.

Wandrey betonte noch einmal, dass man mit der Neuplanung geschätzt rund zwei Jahre Bauzeit einspare. Auch bei den Kosten erwartet der Dezernent Einsparungen. Derzeit stünden noch rund 110 Millionen Euro im Haushalt. Nach seiner Schätzung könne die Brücke aber bis zu zehn Prozent günstiger werden.

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de