AKW-Rückbau VGH bestätigt: Büttelborn muss Biblis-Bauschutt annehmen

Der freigemessene Bauschutt aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Biblis kann nach Büttelborn gebracht werden. Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat die Beschwerde des dortigen Deponiebetreibers zurückgewiesen. Um die Lagerung der Abfälle in Büttelborn gibt es seit Jahren Streit.

Ein Kühlturm des AKW Biblis fällt beim Abriss in sich zusammen.
Ein Kühlturm des AKW Biblis fällt beim Abriss im Februar 2023 in sich zusammen. Bild © picture-alliance/dpa

Erfolg für den Kreis Bergstraße: Die freigemessenen Abfälle aus dem Rückbau des dortigen Atomkraftwerks in Biblis können ab sofort auf einer Deponie in Büttelborn (Groß-Gerau) entsorgt werden. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel entschieden. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Beschwerde von Deponiebetreiber erfolglos

Der VGH wies damit eine Beschwerde der Südhessischen Abfallverwertungs GmbH SAVAG als Deponiebetreiber gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Darmstadt zurück. Die SAVAG ist somit verpflichtet, den Bauschutt anzunehmen, wie der VGH am Freitag mitteilte.

Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt hatte im Juli 2023 die Deponie angeordnet, den Schutt bis zu einer Gesamtmenge von 3.200 Tonnen anzunehmen, befristet bis zum 31. Dezember 2030. Gegen diese Entscheidung sind zwei Klagen beim VG Darmstadt anhängig, über die noch nicht entschieden ist.

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Kaum Erfolgschancen für Klagen

Der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) als zuständiger Entsorgungsträger hatte daraufhin beim VG Darmstadt die Anordnung des Sofortvollzugs beantragt, um mit der Entsorgung schon vor dem Abschluss der Gerichtsverfahren beginnen zu können. Dem hatte das VG Ende April 2024 auch stattgegeben. Dagegen wiederum hatten mehrere beteiligte Beschwerde beim VGH eingelegt.

Entscheidend für den 5. Senat des VGH waren laut Mitteilung die mangelnden Erfolgsaussichten der beiden Klagen gegen die Lagerung der Abfälle auf der Deponie. So fehle dem Grundstückseigentümer die Klagebefugnis, weshalb seine Klage unzulässig sei. Zudem habe die SAVAG ihre Klage zu spät begründet.

Maximal 10 Mikrosievert pro Jahr

Der Bescheid des Regierungspräsidiums zur Entsorgung der freigemessenen Abfälle auf der Bütttelborner Deponie darf laut VGH somit sofort umgesetzt werden. Es geht dabei um Bauschutt, von dem eine Strahlenbelastung von nicht mehr als 10 Mikrosievert pro Einzelperson und Kalenderjahr ausgeht.

Zum Vergleich: Laut Bundesumweltministerium liegt die durchschnittliche Strahlenbelastung in Deutschland durchschnittlich bei 2.400 Mikrosievert im Jahr. Ein Nordatlantikflug wird mit rund 100 Mikrosievert angegeben, eine Röntgenaufnahme mit rund 100 bis 1.000 Mikrosievert.

ZAKB: "Sehen uns bestätigt"

Der ZAKB frohlockt: "Wir haben vollumfänglich gewonnen und sehen uns in unserer Auffassung bestätigt", sagte Vorstandschef Matthias Schimpf. Mit dem Urteil sei die für den ZAKB gesetzlich verpflichtende dringliche Entsorgung der freigemessenen Abfälle sichergestellt. Die organisatorischen Rahmenbedingungen müssten noch geklärt und ein Entgelt verhandelt werden.

Dagegen zeigten sich die Riedwerke, ein Zweckverband des Kreises Groß-Gerau und seiner Städte und Gemeinden, enttäuscht. Die Anordnung des sofortigen Vollzuges bedeute, "Nägel mit Köpfen" zu machen ohne das Hauptsacheverfahren abzuwarten, erklärte Vorstandschef Stefan Metzger. Zudem sei die Kostenfrage ungeklärt, bei der auch eine mögliche Rückabwicklung bei entsprechendem Urteil im Hauptverfahren berücksichtigt werden müsse.

Das RP teilte mit, dass sich die beteiligten Parteien über ein angemessenes Entgelt für die Mitbenutzung der Deponie einigen müssten. Sollte dies nicht gelingen, werde das RP einen Betrag festlegen. Dies sei vom Gesetzgeber so vorgesehen. Man gehe aber von einer grundsätzlichen Einigungsbereitschaft aus.

Widerstand von Stadt und Kreis

Nach einer Enstorgungsmöglichkeit für das freigemessene Material war bundesweit gesucht worden. Keine der rund 200 Deponien in Deutschland hatte sich jedoch bereit erklärt, es anzunehmen. Daraufhin wurde die Deponie in Büttelborn zur Annahme verpflichtet.

Dort gab es Widerstand nicht nur vom Deponiebetreiber, sondern ebenso aus Teilen der Bevölkerung, etwa mit einer Bürgerinitiative. Auch die Stadt Büttelborn und der Kreis Groß-Gerau stellten sich gegen die Lagerung des Bauschutts.

Landrat Thomas Will (SPD) hatte bereits im November 2022 verkündet, alle rechtlichen Mittel ausschöpfen zu wollen, um die Entsorgung der Abfälle in Büttelborn zu verhindern.

Ziegel, Fliesen und Keramik

Die Deponie soll hauptsächlich Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik aufnehmen, die beim Rückbau des AKW in Biblis entstanden sind. Dieser Bauschutt stammt aus dem Inneren des stillgelegten Kraftwerks und wurde gereinigt, um seine Strahlungswerte laut RP niedrig zu halten.

Nach der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 wurde das Kraftwerk Biblis im Zuge des Atomausstiegs Deutschlands stillgelegt. Seit 2017 befindet sich die Anlage im Abriss. Er wird voraussichtlich bis in die 2030er Jahre dauern. Dabei fallen etwa eine Millon Tonnen Bauschutt an, wovon der größte Teil nicht strahlenbelastet ist.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de