Standort Baunatal "Angriff gegen uns alle": VW-Betriebsrat droht mit Streiks
Volkswagen plant laut Gesamtbetriebsrat die Schließung von mindestens drei Werken in Deutschland und den Abbau von zehntausenden Arbeitsplätzen. Wie stark das Werk in Baunatal betroffen ist, ist unklar. Dort wird bereits über mögliche Streiks gesprochen.
Wie laufen die bisherigen Krisengespräche zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberseite? Zu diesem Thema fanden am Montag Veranstaltungen in allen deutschen VW-Werken statt - auch im Volkswagenwerk in Baunatal (Kassel).
Am Stammsitz im niedersächsischen Wolfsburg erfuhr der Gesamtbetriebsrat am Morgen, dass in Deutschland mindestens drei VW-Werke geschlossen werden sollen. Darüber informierte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo die Belegschaft.
Betriebsrat: Kein Werk ist sicher
Zehntausende Arbeitsplätze sollen demnach abgebaut werden, alle verbleibenden Standorte sollen schrumpfen. "Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher", sagte Cavallo. Inwiefern das Werk in Baunatal betroffen ist, war zunächst unklar.
Auf einer Informationsveranstaltung für die Mitarbeitenden des VW-Komponentenwerks sagte der örtliche Betriebsratschef Carsten Büchling, niemand könne sich hier noch sicher fühlen. "Das ist ein Angriff gegen uns alle." Er nannte die Schließungspläne eine "Kampfansage gegen unsere Familien und gegen ganze Regionen".
Das Vertrauen der Mitarbeiter könne nur zurückgewonnen werden, wenn die Konzernleitung sowohl auf Werksschließungen als auch auf Tarifkürzungen verzichte. Sollte dies nicht geschehen, kündigte er auf Nachfrage Streiks an.
Laut Betriebsrat nahmen in Baunatal insgesamt rund 8.000 Menschen an zwei Informationsveranstaltungen teil.
Die Betriebsräte wollten mit den Informationsveranstaltungen am Montag auf die aus ihrer Sicht mangelhafte Informationspolitik des Vorstands reagieren. Dieser habe immer noch kein Gesamtkonzept vorgelegt, wie er VW strategisch in die Zukunft führen wolle, kritisierte Gesamtbetriebsratsvorsitzende Cavallo.
Schon bei der letzten Betriebsversammlung hatten viele Mitarbeiter gegen den umfassenden Sparplan protestiert. Am Mittwoch beginnt die zweite Runde der Tarifverhandlungen bei VW.
Umstrittene Sparmaßnahmen
VW hatte Anfang September verkündet, bei der Kernmarke deutlich sparen zu müssen. Der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen reiche nicht mehr aus, um die angepeilten Einsparziele zu erreichen.
Volkswagen steht unter Druck. Zum einen haben die Zahlungen aus dem Diesel-Skandal von 2015 ein tiefes Loch in die Unternehmenskasse gerissen. Allein in den USA zahlte VW für die Abgasmanipulation mehr als 20 Milliarden US-Dollar Strafe. Dazu kommt das schwierige China-Geschäft. Einst habe VW hier 40 Prozent Umsatz und Renditegezogen, so Carsten Büchling, Betriebsratsvorsitzender vom Volkswagenwerk Kassel.
Diese Zeiten sind vorbei. Der chinesische Markt ist für den deutschen Autobauer eine Herausforderung geworden, auch weil immer mehr Startups den Markt erobern. Sie haben nicht mit alten Strukturen zu kämpfen und können die nötige Software für die E-Mobilität selbst liefern. Dem hat Volkswagen entgegen gewirkt und 2020 mit Cariad eine eigene Software-Marke gegründet.
Doch jetzt könnten auch noch die EU-Strafzölle auf importierte E-Autos aus China dem deutschen Autobauer das Geschäft vermasseln. Denn sollten die Verteuerung kommen, könnte die chinesische Regierung Gegenmaßnahmen treffen, von der auch die Exporte von VW betroffen sein könnten. Dazu ist BYD auf dem europäischen Kontinent längst auf dem Vormarsch. Der chinesische Autohersteller hatte zuletzt angekündigt, ein Werk in der Türkei zu bauen. Schon im ersten Quartal 2024 waren 24 Prozent der neu zugelassenen E-Autos aus China.
Warum Volkswagen vor einer der größten Herausforderungen in der Unternehmensgeschichte steht
Volkswagen steht unter Druck. Zum einen haben die Zahlungen aus dem Diesel-Skandal von 2015 ein tiefes Loch in die Unternehmenskasse gerissen. Allein in den USA zahlte VW für die Abgasmanipulation mehr als 20 Milliarden US-Dollar Strafe. Dazu kommt das schwierige China-Geschäft. Einst habe VW hier 40 Prozent Umsatz und Renditegezogen, so Carsten Büchling, Betriebsratsvorsitzender vom Volkswagenwerk Kassel.
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Doch jetzt könnten auch noch die EU-Strafzölle auf importierte E-Autos aus China dem deutschen Autobauer das Geschäft vermasseln. Denn sollten die Verteuerung kommen, könnte die chinesische Regierung Gegenmaßnahmen treffen, von der auch die Exporte von VW betroffen sein könnten. Dazu ist BYD auf dem europäischen Kontinent längst auf dem Vormarsch. Der chinesische Autohersteller hatte zuletzt angekündigt, ein Werk in der Türkei zu bauen. Schon im ersten Quartal 2024 waren 24 Prozent der neu zugelassenen E-Autos aus China.
Kurz darauf kündigte VW bestehende Tarifverträge, darunter Regelungen zur Beschäftigungssicherung, zur Übernahmegarantie für Auszubildende und den Arbeitsbedingungen für Zeitarbeiter.
Damit hatte der Konzern eine seit 30 Jahren bestehende Beschäftigungssicherung aufgegeben.
Betriebsbedingte Kündigungen möglich
Die Tarifverträge für die 120.00 Beschäftigten an den 13 Standorten in Deutschland laufen damit aus, ab Sommer 2025 könnte es betriebsbedingte Kündigungen geben. VW hatte zuletzt einen Einstellungsstopp verhängt.
Das Werk in Baunatal ist der zweitgrößte Standort in Deutschland. Hier arbeiten 15.500 Menschen.