Was Sie über den möglichen Ausbau der A5 wissen sollten

Kommt der zehnspurige Ausbau der A5 bei Frankfurt? Verkehrs- und Umweltverbände demonstrieren, Politiker streiten. Was spricht für den Ausbau, was dagegen? Fragen und Antworten.

Viele fahrende Autos auf der A5 bei Frankfurt in einer absichtlich verwackelten Absicht
Noch achtspurig: Die A5 am Frankfurter Kreuz Bild © picture-alliance/dpa
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Fahrraddemo gegen A5-Ausbau

fahrraddemo
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Was haben Los Angeles, Dubai und Frankfurt gemeinsam? Vielleicht bald eine zehnstreifige Autobahn. Denn genau das sieht der Verkehrswegeplan des Bundes vor. Er hat den zehnspurigen Ausbau zwischen Frankfurter Kreuz und Nordwestkreuz als "vordringlichen Bedarf" eingestuft. Eine Machbarkeitsstudie der bundeseigenen Autobahn GmbH hält sogar noch eine Verlängerung bis nach Friedberg für möglich.

Doch gegen die Pläne regt sich Widerstand. Am vergangenen Wochenende demonstrierten rund 4.000 Radfahrer gegen den Ausbau. Der Aufruf zur Demo wurde von mehr als 60 Organisationen unterstützt - darunter Verkehrs- und Umweltverbände sowie Bürgerinitiativen. Der mögliche Ausbau bewegt das Land. Zuletzt gab es im Landtag eine hitziges Debatte zu dem Thema. Hier die wichtigsten Fakten zum möglichen Ausbau.

Um was geht es eigentlich? Was ist geplant?

In ihrer Machbarkeitsstudie hält die Autobahn GmbH eine Erweiterung auf zehn Spuren vom Frankfurter Kreuz bis zur Anschlussstelle Friedberg für technisch möglich.

Damit geht die Autobahn GmbH noch weiter als der Bundesverkehrswegeplan 2030, der einen "Vordringlichen Bedarf - Engpassbeseitigung" für einen zehnspurigen Ausbau zwischen Frankfurter Kreuz und Nordwestkreuz sieht und einen achtspurigen Ausbau zwischen Nordwestkreuz und Friedberg.

Derzeit ist die A5 zwischen Friedberg und Westkreuz auf einer Strecke von 13 Kilometern sechsspurig ausgebaut. Die 7,2 Kilometer zwischen Westkreuz und Frankfurter Kreuz sind achtspurig.

Eine Karte von Friedberg bis Frankfurt zeigt, welche Pläne zum Ausbau der A5 vorliegen. Eine Variante plant den 10-spurigen Ausbau vom Frankfurter Kreuz bis Nordwestkreuz, sowie den 8-spurigen Ausbau von dort bis Anschlussstelle Friedberg. Eine andere Variante sieht vor all, von AS Friedberg bis zum Frankfurter Kreuz 10-spurig auszubauen.
Bild © hessenschau.de, OpenStreetMap-Mitwirkende

Warum soll die Autobahn ausgebaut werden?

In ihrer Machbarkeitsstudie geht die Autobahn GmbH von einem steigenden Verkehrsaufkommen auf der Strecke zwischen Friedberg und Frankfurter Kreuz aus. Ein durchgehender zehnstreifiger Ausbau könne zu einem guten Verkehrsfluss führen. 

Hier die von der Autobahn ermittelten Verkehrszahlen für die einzelnen Abschnitte zwischen Frankfurter Kreuz und Friedberg. Die Ist-Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2014, die Prognose auf das Jahr 2030.

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Die Prognose ist allerdings nicht unumstritten. "Wir gehen nicht davon aus, dass das Verkehrswachstum im Jahr 2030 so hoch sein wird", sagt der Verkehrsexperte des ADAC Hessen-Thüringen, Wolfgang Herda.

Wie die Stau-Bilanzen des Verkehrsclubs zeigten, seien schon jetzt vor allem montags und freitags weniger Verkehrsteilnehmer auf den Abschnitten ,unterwegs als früher. Viele Arbeitnehmer blieben offenbar auch nach Corona an diesen Tagen im Homeoffice. Außerdem dürften nach der Fertigstellung der Regionaltangente West einige Pendler auch auf den Nahverkehr umsteigen.

Gibt es eigentlich schon zehnspurige Autobahnen in Deutschland?

Nein, in Deutschland gibt es noch keine zehnspurigen Autobahnen. In den Niederlanden sind zehnstreifige Autobahnquerschnitte auf der A2 zwischen Utrecht und Amsterdam und auf der A4 bei Schiphol gebaut worden. Sehr breite Autobahnen gibt es aber vor allem in den USA. Auch die Sheikh Zayed Road in Dubai und einige Ringstraßen in Peking haben zehn und mehr Spuren. Und so sehen die aus:

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Zehnspurige Autobahnen in den USA

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Was sind die Kritikpunkte - und was sagt die Machbarkeitsstudie dazu?

Die Ausbaugegner verweisen in einer gemeinsamen Presseerklärung auf die Folgen des Ausbaus: So seien zwei Sportplätze, rund 100 Grundstücke und Gärten, zwölf Kleingartenvereine, ein Vogelschutzgebiet, mindestens ein Habitat einer geschützten Tierart und ein Trinkwasserschutzgebiet im Stadtwald bedroht. Hinzu komme die zunehmende Lärm- und Abgasbelastung.

Tatsächlich führt auch die Machbarkeitsstudie insgesamt 16 Konfliktpunkte zur Umweltverträglichkeit auf. So sei etwa unter "artenschutzrechtlichen Aspekten davon auszugehen, dass die Nidda vielen besonders oder streng geschützten Tierarten Lebensraum bietet, der durch einen weiteren Ausbau der A5 beeinträchtigt würde." Auch sei durch die Querung des Schutzgebiets "Schwanheimer Wald" eine Beeinträchtigung des sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtyps (FFH-Gebiet) sowie charakteristischer Tierarten "nicht vollkommen auszuschließen, zumal auch ein Arbeits-Streifen im Wald angelegt werden muss."

Den Flächenverlust durch den Ausbau bemisst die Machbarkeitsstudie auf 107,1 Hektar.

Was würde der Ausbau kosten?

Die Autobahn GmbH schätzt, dass der zehnspurige Ausbau der A5 zwischen Frankfurter Kreuz und Friedberg rund 1,1 Milliarden Euro kosten würde. Davon entfallen etwa 42 Millionen Euro auf den Grunderwerb. In der Kostenschätzung sind keine Einhausungen der A5 berücksichtigt, wie sie vor allem vom hessischen Wirtschaftsministerium ins Spiel gebracht werden.

Hier die Schätzungen für den Ausbau der einzelnen Abschnitte und den Umbau der Kreuze:

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Ein Großteil der Kosten entfällt also auf die Verlängerung des Ausbaus über das Nordwestkreuz hinaus zur Ausfahrt Friedberg. Hierfür veranschlagt die Autobahn GmbH rund 524,1 Millionen Euro (ohne Umbau des Nordwestkreuzes).

Die Grünen im Landtag halten die Schätzung für nicht seriös. Sie gehen nach Angaben ihrer verkehrspolitischen Sprecherin, Katy Walther, von Kosten in Höhe von rund zwei Milliarden Euro aus.

Was sagt die Landesregierung?

Der Bund hat eigentlich die Alleinzuständigkeit für Planung, Bau und Betrieb von Autobahnen. Als Bundesverkehrsminister Wissing im März 2023 seine Pläne für bundesweit 148 Sanierungs- und Ausbauprojekte von Autobahnen mit "Vordringlichem Bedarf - Engpassbeseitigung" vorstellte, bat er die Bundesländer aber um Zustimmung. Von den 30 in Hessen geplanten Projekten stimmte die damalige schwarz-grüne Landesregierung mit dem grünen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir nur 23 Projekten zu. Zu den abgelehnten Projekten zählte auch der zehnspurige Ausbau der A5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und dem Nordwestkreuz.

Inzwischen ist die schwarz-grüne Koalition Geschichte. "Gegenüber dem Bund werden wir die Annahme seines Angebotes zum beschleunigten Autobahnausbau für alle hessischen Projekte bestätigen", heißt es nun im schwarz-roten Koalitionsvertrag.

Dieser Linie ist jetzt auch Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Kaweh Mansoori (SPD) verpflichtet. Als Frankfurter Bundestagsabgeordneter hatte er den Ausbau der A5 stets abgelehnt.

Mansoori führt nun aus, dass die Machbarkeitsstudie der Autobahn GmbH nur ein Zwischenschritt für die weiteren Entscheidungen sei. "Der zehnstreifige Ausbau ist durch die Studie insoweit nicht vorgegeben oder gar in Stein gemeißelt", sagt er. Gegenüber Wissing habe er betont, dass der Ausbau nur bei einer Einhausung möglich wäre, also einer vollständigen Umbauung der Autobahn. Die von der Autobahn GmbH geschätzten Baukosten von 1,1 Milliarden Euro dürften dann aber kaum zu halten sein.

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Wer ist noch für den Ausbau?

  • Die CDU

Die CDU in Frankfurt unterstützt einen Ausbau der Autobahn 5 von Frankfurt nach Friedberg. Er verbessere den Verkehrsfluss und erhöhe die Verkehrssicherheit, sagt der Parteivorsitzende Nils Kößler.

  • Die AfD

Der verkehrspolitische Sprecher Klaus Gagel ist für den beschleunigten Ausbau der A5. "Wir fordern die Landesregierung daher auf, auf die Bundesregierung einzuwirken, damit die Autobahn GmbH diesen Ausbau schnellstmöglich in Angriff nimmt", so Gagel. "Die Überlastung der A5 beeinträchtigt nicht nur die Mobilität, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen."

  • Die FDP

Es sei wichtig, Engpässe zu beseitigen. Um einen solchen handele es sich "zweifellos" bei dem zur Diskussion stehenden Teil der A5, sagt Stefan Naas, Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Landtag. "Hessen lebt als Transitland von seiner Infrastruktur. Diese Lebensader dürfen wir nicht kaputtmachen."

  • Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU)

Die VhU hält den Ausbau für "nötig und möglich". "Der Ausbau des wohl bedeutendsten Verkehrsknotenpunkts in Deutschland wäre für den Wirtschaftsstandort Rhein-Main enorm wichtig, weil dadurch Staus weniger würden", erklärt Christoph Schäfer, Vorsitzender des VhU-Verkehrsausschusses.

Wer ist gegen den Ausbau?

  • Die Stadt Frankfurt

Frankfurts Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) ist gegen den zehnspurigen Ausbau auf der Gemarkung der Stadt. Er verweist auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Februar 2023: "Unabhängig von den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie wird der zehnspurige Ausbau der A5 abgelehnt", heißt es darin. Grund sei insbesondere "die anhaltende Unklarheit über den effektiven Lärmschutz".

  • Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND)

Der BUND hat die hessische Landesregierung aufgefordert, Planungs- und Genehmigungskapazitäten auf den Erhalt der bestehenden Strecken zu richten und sich insbesondere auf die Schieneninfrastruktur zu konzentrieren. "Wer jetzt noch den beschleunigten Autobahnausbau fordert, nimmt den beschleunigten Klimawandel in Kauf", sagt BUND-Geschäftsführer Michael Rothkegel.

  • Der Verkehrsclub Deutschland (VCD)

Der Ausbau möge technisch machbar sein, für Mensch und Umwelt wäre er eine Katastrophe, teilt der VCD mit. "Die Verkehrszahlen der Gegenwart werden ohne Rücksicht auf veränderte Arbeitsweisen, Fortschritt und Zukunft hochgerechnet", so der Verkehrsclub.

  • Der ADAC Hessen-Thüringen

"In Zeiten knapper finanzieller Mittel und fehlender Fachkräfte muss der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Autobahnnetzes oberste Priorität haben", teilte der ADAC-Verkehrsexperte Wolfgang Herda mit. Die Gelder sollten besser zur Sanierung maroder Brücken genutzt werden. "Ein überstürzter Ausbau der A5 ist daher nicht im Interesse der Autofahrer", so Herda.

  • Die Grünen

"Ein zehnspuriger Ausbau bedeutet nur, dass Autofahrer mehr Platz haben, um im Stau zu stehen. Denn die Kreuze und Anschlussstellen sind die Flaschenhälse", sagt die verkehrspolitische Sprecherin der Partei, Katy Walther. Sie verweist darauf, dass in Deutschland zahlreiche Autobahnbrücken saniert und Bahnstrecken ausgebaut werden müssten. Für solche Projekte sei das Geld besser eingesetzt als für einen Ausbau der A5.

Wie geht es nun weiter?

Die alte schwarz-grüne Landesregierung hatte wie erwähnt eine Beschleunigung des Ausbaus der A5 abgelehnt. Die neue schwarz-rote Regierung will das laut Koalitionsvertrag rückgängig machen. Wirtschaftsminister Mansoori hatte im Februar beim Bundesverkehrsminister dazu vorgefühlt und wollte wissen, ob die Liste der Fernstraßen mit "überragendem Interesse" erweitert werden könne. Der spielte den Ball zurück und forderte Hessen auf, eine Bundesratsinitiative zu starten, wenn eine Beschleunigung gewünscht sei. Doch Mansoori will das nur tun, wenn die Ausbaustrecke eingehaust werde.

Bundesverkehrsminister Wissing hat unterdessen nach Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie ein "Gesamtkonzept" angekündigt, wie er der Deutschen Presse-Agentur im August sagte. "Wir haben den Auftrag, dafür zu sorgen, dass Deutschland nicht im Stau steht."

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A5 – Geplanter Ausbau auf zehn Spuren

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de