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Wiesbaden will Busverkehr neu sortieren

Bus auf Hauptstraße mit Autos in diffusem Licht am Abend

Metrobus, Sprinterbus, Quartiersbus: Die Stadt Wiesbaden will den öffentlichen Nahverkehr neu gliedern. Zuerst soll das bestehende Netz optimiert werden. Später könnte das Angebot ausgebaut werden – je nach Finanzlage.

Das Busliniennetz in Wiesbaden könnte in einigen Jahren ganz anders aussehen als bisher. Im Mobilitätsausschuss der Stadt wurde vergangene Woche eine konkretere Version des neuen Nahverkehrsplans vorgestellt.

Die Idee: Wie auf einem weißen Blatt wurde das Liniennetz komplett neu konzipiert – unabhängig vom aktuellen Netz. Ziel ist es, den Nahverkehr attraktiver zu machen, indem mehr Stadtteile schnellere, direktere und häufigere Verbindungen bekommen.

Zwei Varianten: Basis- und Zielmodell

Bereits im Herbst 2023 war ein Netzentwurf vorgestellt worden, der in den vergangenen Monaten immer wieder überarbeitet wurde. Dabei konnten zum Beispiel Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker sowie benachbarte Kommunen und Verkehrsverbünde ihre Änderungsvorschläge einbringen.

Am Ende stehen nun zwei Varianten: Das "Zielnetz", sozusagen die optimale und am besten ausgestattete Variante – und das "Basisnetz", das als Vorstufe dazu dienen soll. Es soll die aktuell vorhandenen Ressourcen, zum Beispiel Fahrerinnen und Fahrer sowie die Fahrzeuge – nutzen und ohne zusätzliche Kosten den Busverkehr effizienter und besser machen. Im Vergleich zum "Zielnetz" fehlen in der Basisvariante zum Beispiel mehrere Zusatzlinien für weiter entfernte Stadtteile.

Neue Busse, neue Linien

Ein wichtiges Element dabei sind verschiedene Kategorien für Busse: So sollen zum Beispiel auf den wichtigen, großen Strecken in Zukunft sogenannte Metrobusse in engem Takt fahren. "Sprinterbusse" sollen die Innenstadt mit wenigen Zwischenhalten mit den Außenstadtteilen verbinden. Und "Quartiersbusse" sollen entfernte Stadtteile an die großen Verkehrsachsen anschließen. Im Plan angedacht sind auch die Anschaffung von Doppelgelenkbussen und der Bau eines zweiten Betriebshofs.

Laut der Planung soll das neue Netz – selbst in der Basisvariante – den öffentlichen Nahverkehr im Vergleich zum Auto konkurrenzfähiger machen. Wie viel öffentlichen Nahverkehr es in Zukunft in Wiesbaden geben wird, hängt aber am Geld. Der nun vorgestellte Plan soll als Rahmen und Ziel dienen. Es ist nicht sicher, ob er in dieser Form komplett umgesetzt werden kann.

SPD fordert mehr Unterstützung vom Land

Silas Gottwald, Fraktionsvorsitzender der mitregierenden SPD in Wiesbaden, hält es für sinnvoll, diesen Plan weiterzuentwickeln – auch wenn die Finanzierung noch nicht steht. "Das neue Basisnetz würde ungefähr die gleichen Ressourcen aufwenden, wäre aber deutlich effizienter für die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener."

Gottwald räumt ein, dass Wiesbaden – wie viele andere Kommunen – unter Geldmangel leide. Unter anderem wegen der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst müssten Kommunen für ihr Personal bis zu 15 Prozent mehr Geld einplanen. "Anderswo werden Schwimmbäder geschlossen oder die Öffnungszeiten von Jugendzentren gekürzt. Bei uns hat es den Busverkehr hart getroffen", so Gottwald. Wegen der wirtschaftlichen Lage wurde zuletzt in Wiesbaden der Busfahrplan stark gekürzt.

Gottwald sieht das Land Hessen in der Pflicht. Es sei für die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs zuständig und müsse die Kommunen mehr unterstützen. "Ich fordere die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Verkehrswende nicht abgewürgt wird", sagt der SPD-Politiker.

Aus den bestehenden Ressourcen mehr rausholen

Auch der Verein "Wiesbaden neu bewegen" hält den neuen Plan insgesamt für sinnvoll. Der Verein setzt sich für eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt ein. Dass das Netz von Grund auf neu geplant wird, befürwortet der Vereinsvorsitzende Alexander Mehring: "Ein neu gedachtes Netz hat das Potential, mit den vorhandenen Fahrzeugen möglichst viel rauszuholen."

Für ihn wäre der Beschluss des Plans ein Signal für die Stadt. "Das würde zeigen, dass es einen Neuanfang gibt – statt eines jahrzehntealten Netzplans", so Mehring.

Basisvariante macht Umsetzung realistischer

Aus Mehrings Sicht ist die Stärke des Plans, dass er nicht nur eine Optimalvariante, das "Zielnetz", beschreibt, sondern auch das einfachere "Basisnetz". Das mache die Umsetzung realistischer. "Es gab die Befürchtung, dass ein Plan wieder in der Schublade verschwindet, weil kein Geld da ist. Von daher ist es gut, dass die Planer verschiedene Varianten entwickelt haben, um je nach Finanzlage an diesem Steuerungsknopf zu drehen."

In Wiesbaden sind ausschließlich Busse unterwegs. Seit den 1990er Jahren wurde in der Landeshauptstadt immer wieder über eine Straßenbahn für die Stadt diskutiert – doch alle Pläne wurden wegen großer Widerstände verworfen.

Der letzte Versuch scheiterte im November 2020, als sich die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener per Bürgerentscheid gegen den Bau der sogenannten Citybahn entschieden. Die Straßenbahn sollte Entlastung bringen und zudem möglichst viele Autofahrerende zum Umsteigen bewegen. Die Planungen gingen sogar über Wiesbaden hinaus: Die Citybahn sollte die Landeshauptstadt mit Mainz und Bad Schwalbach (Rheingau-Taunus) verbinden.

Grundsätzlich bemängelt Mehring aber auch eine mangelnde Ausstattung des öffentlichen Nahverkehrs in Wiesbaden. Er verweist auf eine Petition, in der der Verein fordert, nach den Kürzungen bis spätestens Dezember wieder zum bisherigen Busangebot zurückzukehren. "Wir appellieren an die Kommunalpolitik, den ÖPNV zu priorisieren und dort nicht weiter zu kürzen", so Mehring.

Endgültiger Beschluss im November

Endgültig beschlossen werden soll der Nahverkehrsplan im November. Bis dahin sollen unter anderem noch die Ortsbeiräte angehört werden. Wann der Plan tatsächlich umgesetzt wird, darauf hat sich die Stadtregierung nicht festgelegt.

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