Zugbildungsanlage in Kassel Rangieren, abdrücken, neu zusammensetzen - 19.000 mal im Jahr
In der Zugbildungsanlage in Kassel werden jedes Jahr tausende Güterzüge zerlegt und neu zusammengesetzt. 450 Mitarbeiter sorgen dafür, dass Autoteile, Tomaten und Pasta zum Kunden kommen. Einer von ihnen ist Lokrangierführer Martin Katzmarek.
Lokrangierführer Martin Katzmarek steuert seine rote Lok der Baureihe 294 auf den Ablaufberg zu. Die Rangierlok schiebt die Waggons langsam vor sich her. Rangierbegleiter Eugen Fischer wird gleich einzelne Waggons mit einem langen Magnesiumstab abdrücken - also abkuppeln. Dabei kommt es auf die richtige Technik an. Wenn man zu viel Kraft einsetzt, verbiegt die Stange. Es braucht den richtigen Schwung, um den schweren Bügel vom Haken zu lösen.
Martin Katzmarek und Eugen Fischer arbeiten für die DB Cargo in der Zugbildungsanlage in Kassel. Hier werden Züge zerlegt und neu zusammengestellt. Einmal gelöst, rollen die schweren Güterwaggons selbstständig den Ablaufberg herab. Weichen lenken sie auf die richtigen Gleise. Jeden Tag werden im Schnitt 500 Waggons über den Ablaufberg geschoben und somit tausende Tonnen bewegt.
Wer hier in der Zugbildungsanlage arbeitet, muss konzentriert ans Werk gehen. "Unkonzentriertheit kann Leben kosten", sagt Standortleiterin Claudia Verena Krüger.
19.000 Züge jedes Jahr
19.000 Züge verlassen pro Jahr die Zugbildungsanlage in Kassel. Von hier aus geht es nach ganz Deutschland, Europa und in die Welt. Im vergangenen Jahr wurden von hier aus beispielsweise 1.000 Waggons mit Tomaten und Nudeln aus Italien verteilt.
Vor allem nachts, wenn die Stadt schläft, geht es im Rangierbahnhof in Kassel rund. Am Standort wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Hier landen Güter aus unterschiedlichen Branchen: Zulieferungen für die Automobilindustrie, Düngemittel und Metallabfallprodukte.
450 Menschen am Herkulesstandort
Damit die Waren beim richtigen Kunden und Tomaten und Nudeln beim Verbraucher auf dem Teller landen, braucht es viele Hände. 450 Menschen arbeiten in der Zugbildungsanlage in Rothenditmold, der intern Herkulesstandort genannt wird. Der Grund: Vom Gelände ist der Herkules, das Wahrzeichen der Stadt, gut zu sehen.
Zu der Anlage gehören auch die Außenstelle in Bettenhausen und fünf weitere Standorte: Wabern (Schwalm-Eder), Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf), Heringen und Bebra (Hersfeld-Rotenburg) sowie Neuhof (Fulda).
Bergmeister: 100 Prozent Liebe für den Job
Mittlerweile hat Rangierbegleiter Fischer weitere Waggons "abgedrückt". Welcher Waggon wohin muss, hat Bergmeister Lutz Meyer ihm und den anderen Mitarbeitern vorher übermittelt. Die Arbeiter legen Hemmschuhe aus Metall unter die Waggons und bremsen sie so ab.
Meyer sitzt in seiner orangenen Warnkleidung in der Dispo am Ablaufberg oberhalb der einzelnen Gleise, auf die die Waggons verteilt werden. Er steht in ständigem Funkkontakt mit seinen Kollegen.
Als Bergmeister ist er dafür verantwortlich, dass jeder Waggon auf das richtige Gleis rollt und die neu zusammengestellten Güterzüge am Ende korrekt auf die Schiene kommen. Seinen Job “liebt er zu 100 Prozent”, erklärt er.
Das “Go” kommt vom Wagenmeister
Wenn alle Waggons richtig verteilt sind, dann kommt Wagenmeister Bernd Heine zum Zuge. Er überprüft alles noch einmal, schaut, ob alle Bremsen und alle Kupplungen funktionieren. Erst wenn Heine sein "Go" gibt ist der Zug abfahrbereit.
Dann kann es losgehen - manchmal sogar vor der eigentlichen Abfahrzeit. Denn Güterzüge dürfen - anders als der Personenverkehr - vor Plan abfahren. Und sind so vielleicht sogar etwas schneller am Ziel.
Sendung: hr4, 31.10.2023, 12:30 Uhr
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